Apprenticeships around the World

Als Konditorin nach Bordeaux – Nanetta Ruf

Schokoladiges Bordeaux

Salut,

nach einer Woche Patisserie möchte ich euch auch noch von meinen 3 Wochen Chocolaterie berichten. Für mich war die Chocolaterie ein ganz neues gebiet, da weder in meinem Lehrbetrieb, noch in meiner ersten Gesellenstelle Pralinen oder Schokoladenfiguren hergestellt wurden. Es ist aber alles keine große Hexerei, dank Temperiermaschine, muss man sich selten mit Kuvertüre temperieren herumschlagen und die meisten Aufgaben sind recht einfache Handgriffe, mit denen man aber durchaus mal einen halben oder auch einen ganzen Tag beschäftigt ist, da von einer Sorte Pralinen gleich große Mengen (ca. 15 Kg) hergestellt werden. Zum Beispiel: Pralinen schneiden, auf die Überzugsmaschine legen, Pralinen verpacken, Kirschen (für mon cherie) überziehen oder Hohlkörper füllen und zusammensetzen. Da es bei den Franzosen kaum Weihnachtsgebäck, Plätzchen oder Lebkuchen gibt, werden traditionell zu Weihnachten Pralinen gekauft und somit ist dann in der Vorweihnachtszeit Großproduktion angesagt. Mal wieder erschreckend fand ich es wie viele Zusatzstoffe auch in Handwerksbetrieben eingesetzt werden. Kaum eine Praline kam ohne Sorbitol, Dextrose, Trockenglucose, Milchpulver oder ähnliche für mich (als gelernte Bio-Konditorin) unnatürliche Zutaten aus.
Generell habe ich festgestellt dass in Frankreich, oder zumindest Bordeaux die Patisseriewaren und Pralinen deutlich teurer verkauft werden als bei uns in Deutschland. Es ist einfach eine größere Wertschätzung für das Handwerk da. Mit Sicherheit kann sich dadurch auch nicht jeder die handgefertigten Produkte leisten, aber in Bordeaux besitzt ein großer Teil der Bevölkerung ein ausreichendes Einkommen um sich das zu leisten und dadurch können nicht nur Patisserien, sondern auch viele andere kleine Handwerksgeschäfte gut überleben. Wenn man durch die Straßen läuft sieht man nicht selten schaufensterartig verglaste Häuserfronten hinter denen man Schuhmachern, Uhrmachern, Schneidern, Tischlern, Kaffeeröstern… usw. direkt bei Ihrer Arbeit zuschauen kann. So auch in Luc Dorins Chocolaterie. Diese befindet sich im ehemaligen Laden, die Passanten bleiben dann gerne mal vor dem Fenster stehen und schauen einem zu. Das bereitete auch mir große Freude beim Stadtbummel, es zeigt einfach einen ganz anderen, meiner Meinung nach sehr viel positiveren, Umgang mit den Handwerksberufen. Im Gespräch mit Franzosen habe ich aber herausgefunden, dass in Frankreich der Trend leider ähnlich aussieht, wie bei uns in Deutschland, dass sehr viele Jugendliche unbedingt an die Universität wollen und dann nach vollendetem Studium viele als überqualifiziert enden, weil es gar nicht so viele Arbeitsplätze für Akademiker gibt und im Gegenzug in Handwerksberufen die Arbeitskräfte fehlen. Solche Unterhaltungen, in denen man auch etwas über Land und Leute mitbekommt fand ich wirklich spannend, leider waren sie aber eher selten, da mir komplizierte Gespräche auf Französisch doch noch recht schwer fallen.

Jetzt, wo ich schon zurück bin in Deutschland kann ich abschließend sagen, es war auf jeden Fall eine klasse Erfahrung! Ich konnte in der kurzen Zeit einen Einblick in die französische Patisserie UND Chocolaterie bekommen. Konnte endlich mein Französisch auch mal im Alltag ausprobieren, und noch ein bisschen über französische Lebensart und Kultur und vor allem die Ausbildungs- und Arbeitssituation im Kinditorenhandwerk lernen. Ich konnte einfach ein Stückchen unserer Welt näher kennen lernen und erkunden – neben der Stadt selbst auch die Weingegend um St. Emilion, die Küstenorte Arcachon und Andernos (-> hier hat mich die nette Adeline von der HWK Bordeaux mit zu einem typisch französischen Austern und Weißwein Volksfest genommen) am Bassin d’Arcachon und die Dune du Pilat, Europas größte Wanderdüne mit 60 Millionen Kubikmeter Sand (!) Für mich persönlich konnte ich auch feststellen, dass ich einfach kein Stadtmensch bin, nach 4 Wochen fand ich Bordeaux ganz schön laut, eng und dreckig. So wunderbar sehenswert die Stadt architektonisch auch ist, so sehr fehlt jegliches grün, die Gassen sind unglaublich eng und in jeder Ecke findet man Kippenstummel, Müll, Hundekacke und leider auch sehr viele Bettler, die einen wirklich aufdringlich dreist um Geld anschnorren. Da hab ich gemerkt wie gut man es doch als Dorfkind eigentlich hat(te) 🙂

An dieser Stelle nochmal Danke an Kristin Wilkens, Adeline Laplaud und Andreas Stein für die ganze Organisation von Praktikumsplatz über Unterkunft bis hin zu Stipedium, Versicherungen und allem was dazugehört. Ich hatte dadurch einen sehr sorglosen Aufenthalt.

Mein Arbeitsplatz - hangemachte Mon Cheries
Mein Arbeitsplatz – hangemachte Mon Cheries
Handgemachte Mon Cheries
Handgemachte Mon Cheries

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Dune du Pilat
Dune du Pilat
Es weihnachtet in der Chocolaterie
Es weihnachtet in der Chocolaterie

Als Konditorin nach Frankreich – Nanetta Ruf

Süße Grüße aus Bordeaux

Salut aus Bordeaux,

4 Wochen verbringe ich in dieser wunderschönen französischen Stadt um einen Einblick in die französische Pâtisserie und Chocolaterie zu bekommen. Da ich leider an dem Frankreich Schüleraustausch während meiner Konditorlehre nicht teilnehmen konnte habe ich mich trotz abgeschlossener Lehre dafür entschieden ein unbezahltes Praktikum in Frankreich zu machen. Einfach um neue Eindrücke und Erfahrungen zu sammeln, und selbst zu erleben, wie sich die Arbeitsweisen, Produkte und Rezepturen unterscheiden und vielleicht rauszufinden was das Geheimnis ist, dass die Franzosen in der Pâtisserie eindeutig die Nase vorn haben. Dank einem Erasmus Stipendium über das 3K-Aktiv Programm werden auch zumindest die Kosten für Unterkunft, Anreise und ein wenig Verpflegung gedeckt.

Zunächst war ich natürlich furchtbar aufgeregt. 4 Wochen ganz alleine in einer fremden Stadt. Verständigung auf Französisch, das hab ich zwar vor vielen Jahren mal in der Schule gelernt aber außer im Restaurant oder Einkaufsladen im Urlaub noch nie in der Praxis angewendet. Neue Arbeitsweisen und fremde Kollegen… usw. …was einem da eben alles so durch den Kopf schwirrt. Dank einer wunderbaren Frau von der Handwerkskammer in Bordeaux wurde mir der Einstieg aber so einfach und nett wie nur möglich gestaltet. Sie holte mich am Bahnhof ab, hat mir die Unterkunft gezeigt, ist mit mir den Weg zum Arbeitsplatz mit dem Bus gefahren und hat mir sogar die erste Wochenkarte spendiert.

Schnell habe ich festgestellt, dass die Franzosen ganz angetan sind, wenn man zumindest Versuche startet sich mit Ihnen auf Französisch zu verständigen, und sich dann auch Mühe geben sich verständlich auszudrücken und langsam mit einem sprechen. Nach den ersten Tagen Eingewöhnung hat das schon viel besser funktioniert als zu Beginn noch befürchtet. Vor allem während der Arbeit, wenn man viele Dinge erklärt und gleichzeit auch gezeigt bekomm lernt man schnell die neuen Vokabeln und Ausdrucksweisen.

Die erste Woche habe ich in der Pâtisserie von Luc Dorin verbracht und habe gleich festgestellt, dass die Produktpalette einer französischen Pâtisserie sich ganz deutlich von einer deutschen Konditorei unterscheidet. Runde Torten, von denen einzelne Stücke abgeschnitten und verkauft werden gibt es hier nicht. Alle Produkte sind kleine Einzelstücke, in verschiedensten Formen, runde Tartelettes, eckige Tartelettes, rechteckige Streifen, kleine Runde Kuppeln, Éclairs etc., die zum einfachen Transport gleich jedes auf einem passenden goldenen, silbernen oder schwarzen Papptablett sitzen. Alternativ dazu kann man ganze Torten oder Tartes erwerben, die oft auch eckig sind und dann ausgewählt werden wenn man etwas für mehrere Personen benötigt. Desweiteren kann man im Laden Brote, Baguettes, Croissants, Brioches, Meringen, Tuilles (Kekse), Quiches und eine breite Palette an Pralinen und anderen Chocolaterie Produkten erwerben.

Die Nachmittage verbringe ich meist in der Stadt, zu sehen gibt es hier viel, entweder kulturell, viele gothische Kirchen, Teile der Stadtmauer mit alten Toren, Denkmäler oder Museen (z.B. das Maison ecocitoyenne mit vielen Anregungen über nachhaltige Lebensweise fand ich sehr interessant), viele schöne kleine ausgefallene Läden und auch den ein oder anderen mit Backzubehör, was man so in Deutschland nicht so einfach in den Läden rumstehen sieht. Den Freitag habe ich zum „Kinotag“ gemacht um einfach noch was für mein Französisch zu tun, und bei noch erstaunlich sonnigen und verhältnismäßg warmen Tagen locken auch viele Parks die sich etwas außerhalb des Zentrums befinden (z.B. der Park Bordelaise mit einem kleinen Tierpark heimischer bedrohter Tierrassen, der Park Majolan mit wunderschönen Grotten oder der Park Iris wo man vom anderen Garonne Ufer wunderbare Ausblicke hat auf das Stadtzentrum und den Sonnenuntergang über der Stadt ansehen kann). Auf der großen Uferpromenade an der Garonne kann man am Wasser entlangschlendern oder joggen gehen, da gibt es auch Basketball- und Volleyballfelder, Halfpipes und viele spannen Slacklines zwischen den Bäumen auf. Einen Abend habe ich mich im Trampolinpark (trampolinepark.fr) ausgetobt. Das ist riesiger Spaß auf einer großen Fläche mit Riesentrampolinen und Schnitzelgrube und auch mal bei schlechterem Wetter wunderbar geeignet.
Ihr seht Bordeaux hat einiges zu bieten, mir wird nicht langweilig und die anfänglichen Zweifel oder Anflüge von Heimweh sind schnell vergangen. Wenn man sich drauf einlässt kommt man auch gut mal alleine zurecht und auf zu Hause freuen darf man sich ja auch wieder 🙂img_7887