Nun bin ich schon eine ganze Weile hier und genieße meine Zeit, auch wenn manchmal das Heimweh anklopft. Die letzten Wochen habe ich ohne WLAN verbracht, was zwar die Erfahrung vielleicht mal wert, aber definitv auch eine Herausforderung war. Mein Beitrag hat sich dadurch etwas verzögert, hier mal ein Überblick über meine letzten Wochen.
Nach meiner Zeit bei der Gastfamilie bin ich nach Paisley umgezogen, eine kleine, sehr hübsche Stadt westlich von Glasgow. Das bis heute berühmte Paisley-Muster wurde hier erfunden und hergestellt, was die Stadt im 19. Jahrhundert bekannt und wirtschaftlich relevant gemacht hat. Heute hat Paisley neben schöner Archtiktur auch kulturell einiges zu bieten, nicht zuletzt weshalb sie als „UK-City of Culture“ kandidiert. Im Hinblick auf Geschäfte, besonders Supermärkte, macht sich der Charakter einer Kleinstadt jedoch bemerkbar, da Glasgow aber in 10 Minuten mit dem Zug erreichbar ist, konnte ich mir die Zeit problemlos vertreiben.
Direkt über meinem Arbeitsplatz befand sich mein Appartement, das mein Chef netterweise zur Verfügung gestellt hat. Neben einem gemütlichen Schlafzimmer und einer gut ausgestatteten Küche hatte ich auch einen großen Fernseher mit einer noch größeren DVD-Sammlung. Diese war auf jeden Fall ein guter Ersatz für das Internet und mit selbstgekochtem Essen habe ich mir hier abends gemütlich gemacht.
Houston Kiltmakers ist ein in dritter Generation geführter Familienbetrieb. Ursprünglich als Herrenausstatter hat sich der Laden im Laufe der Zeit auf „Highlandwear“ spezialisiert. Jeder Kilt ist maßgefertigt und auf die Wünsche des Kunden angepasst. Neben einer Reihe von modernen Tartans hat jeder traditionelle Familienname, der auf die schottischen Clans zurückgeht, ein ganz eigenes Muster, das gerne bei festlichen Anlässen präsentiert wird. Kilts und Sakko werden hierbei von einer Vielzahl von Accessoires ergänzt. Als preiswertere Alternative gibt es außerdem einen Leihservice.
Die maßgefertigten Kleidungsstücke werden in einem anderen Betrieb hergestellt und in der internen Schneiderei, in der ich gearbeitet habe, angepasst und für die Anprobe vorbereitet. Kilts sind sehr änderungsfreundlich, weshalb sie ein Leben lang getragen und ebenfalls für jeden Verleih individuell angepasst werden können. Die Weite wird mit Gürtelschnallen reguliert, die bei Bedarf abgetrennt und an entsprechender Stelle neu angenäht werden. Zum Kürzen wird der Saum mit einem unsichtbaren Maschinenstich hochgenommen. Dazu müssen die zahlreichen Falten zuvor herausgebügelt und anschließend mit einer Bügelpresse neu fixiert werden. Nach einiger Beobachtungszeit konnte ich mich daran probieren und später auch ganz eigenständig Aufträge bearbeiten. Aufgrund der Menge(ganze 7 Meter Stoff) und des Gewichts brauchte ich anfangs erwas Übung im Umgang mit den Kilts, aber mit der Zeit und einigen hilfreichen Handgriffen meisterte ich die Aufgaben schließlich problemlos. Auch für Hochzeiten passend angefertigte Accessoires wie Krawatten, Schärpen, Strumpfbänder, Ringkissen usw. konnte ich selbstständig anfertigen. Da es immer neue, individuelle Aufträge gab, war die Arbeit sehr abwechslungsreich und interessant. Besonders gut hat mir gefallen, dass in meine Fähigkeiten vertraut wurde und ich Verantwortung übernehmen konnte.
Mittlerweile bin ich auf der Insel Bute und arbeite hier für die gleichnamige Firma, die Wollstoffe designt und herstellt. Bald folgt darüber mehr.
Finja