Ich hatte zwar den Karfreitag nicht frei, dafür aber den Dienstag nach Ostern und weil ich mal ein bisschen Ruche brauchte und ein wenig für mich sein wollte nutze ich den freien Tag um nach Venezia zu fahren und es in meinem eigenen Tempo zu erkunden.
Ich hatte einer Freundin versprochen nach zwei Schuhmachereien zu schauen, schlug ich den Weg ins Zentrum ein. Ich dachte, dass es wir bei unserem ersten Venedigbesuch einen Fehler gemacht und uns nicht das Zentrum angeschaut hatten. Ich schlug also den Weg in das Zentrum Venedigs ein und stellte erstaunt fest, das Wohnviertel der Hauptinsel, aber keine Touristenläden gefunden zu haben. Abseits der Touristenströme, dem Deutsch, Englisch, Französisch und Chinesisch genoss ich die Ruhe und schlängelte mich durch Gassen, über Brücken und Kanäle Richtung Rialtobrücke.
Schon einige Male habe ich jetzt, zu meiner eigenen Verwunderung, Flixbusse auf dem Weg nach Venedig zu Gesicht bekommen. Während ich feststellte, dass das für mich ganz ungewöhnlich war fiel mir auf, dass ich mir noch keinerlei Gedanken, über alltägliche, gewöhnliche Dinge, wie Supermärkte, Schulen, Kindergärten und andere öffentliche Gebäude gemacht hatte. Okay, einen Supermarkt habe ich neben unzähligen Kirchen im Stadtzentrum Veneziens gefunden, aber wo sind die Schulen?
Ich habe das Gefühl, dass man sich als Tourist gar keine Gedanken über so etwas macht. Es zählt hauptsächlich, wo man Andenken und etwas gutes zu Essen findet.
Nun gut. Ich fand die beiden Schusterwerkstätten, konnte aber leider nur die Schaufenster betrachten, weil sie geschlossen waren.
Giovanna Zannella, die Schuhmacherin des einen Ladens, muss eine verrückte Frau sein, zumindest deuten ihre ungewöhnlichen, handgefertigten, Schuhe daraufhin! Es muss toll sein bei ihr ein Praktikum machen zu dürfen, nicht nur weil man sicherlich in ein tolles Ambiente eintauchen kann, sondern weil bei dieser guten Umsetzung von Kreativität auch handwerkliches Geschick da sein muss!
Wer einmal auf Signora Zannellas Website vorbeischauen möchte, hier ist der Link:
http://www.giovannazanella.it/
Nach zwei Stunden stellte ich erstaunt fest, dass ich schon fast alles erledigt hatte und auch kein Bedürfnis mehr hatte mir weitere Gassen, Kanäle und Brücken anzuschauen, weil mir sich das Prinzip Venezias erschlossen hatte und ich wenn dann runter von der Hauptinsel musste um noch einmal etwas Neues zu sehen. Hierzu muss man sagen, dass die Fahrten mit Wassertaxis, Gondeln und sogar Vaporetti sich etwas kosten lassen!
Da ich aber im Moment einen Fall des Comissario Brunetti lese, war es mir ein Anliegen einmal das „Gran teatro la fenice“ zu sehen und nahm daher auf dem Rückweg einen kleinen Umweg.
Das Theater la Fenice ist wirklich weltberühmt und deswegen erwartete ich eine sehr großes Bau mit großem Theatervorplatz. Entgegen aller meiner Erwartungen fand ich aber ein Gebäude vor, dessen Fassade sich gut in die Häuserreihe einfügt und genauso gut eine Venezianische Kirche hätte sein können. Genauso bescheiden, wie die Front des Theaters ist die am Wasser liegende Rückseite des Theaters. Während am Haupteingang immerhin noch ein Schild „Gran Teatro la Fenice“ und Konzertankündigungen auf das Theater aufmerksam machen, zeigen am Wassereingang nur goldene Phönixe an, um was es sich handelt.
Aber was an der Außenmauer gespart wurde bekommt man innen mindestens doppelt und dreifach zu Gesicht.
Der Name „La Fenice“ , also auf Deutsch „der Phönix“, ist nicht zufällig gewählt. In seinen knapp 250 Jahren hat das Theater schon das ein oder andere Feuer gesehen, zuletzt 1996, und wurde trotzdem wieder und wieder neu aufgebaut. Sogar bei den letzten Aufbauarbeiten, die 2003 abgeschlossen wurden, achtetet man genau auf die Originalskizzen, Fotografien und Modellbauten, die es von dem Theater gibt. Es ist quasi wie der Phönix aus der Asche wieder aufgebaut worden.
Innen wird man fast von den, mit Blattgold überzogenen, Fresken und Kronleuchtern erschlagen. Die Decke wird von einer Malerei geziert, einer optischen Täuschung. Obwohl der Deckenbau flach ist, erscheint er gewölbt. Im Himmel schweben die Musen und genau über dem Dirigenten befindet sich eine Uhr, die genau die Zeit anzeigt.
Was ich besonders an dem Theater fand, war, dass es immer noch die klassischen Logen mit einer großen Königsloge gibt. Es gibt kaum Parkettplätze, da die meisten Plätze in den kreisförmig angeordneten Logen untergebracht sind.
Die große königliche Loge hat sich über die Jahre aufgrund der politischen Lage Italiens, sowie den großen Brand 1996 besonders stark verändert. Heute findet man sie in den Farben Rot und Gold vor. Noch vor sechzig Jahren, war sie in Blautönen gehalten, wie der dritte Teil der Sissi-Trilogie zeigt.
Aber nicht nur in der Farbgestaltung hat sie sich verändert und auch zeitlich angepasst, sondern auch in ihrer Größe und Aufteilung. Denn Italien hatte nicht schon immer nur eine Regierung, sondern war auch schon auf sechs Mächte aufgeteilt, was für dieses Theater bedeutete, dass für jede Partei eine Loge da sein muss. Also wurde die Königsloge kurzerhand herausgerissen, ebenfalls einige Nachbarlogen um Platz für sechs gleichgroße Logen zu schaffen. Kurz darauf, konnten allerdings wieder Renovierungsarbeiten vollzogen werden, da Italien, oder zumindest Norditalien von Österreich eingenommen wurde und man dann nur eine große Kaiserloge benötigte. Als Italien sich wieder selber regierte und es nur eine einzigen König gab, beschränkte man sich allerdings darauf, das königliche Wappen auszutauschen.
Nach wie vor gehört das Theater mit zu den besten Opernhäusern weltweit und ist nicht ganz sicher nicht nur wegen der Opern einen Besuch wert.