Snekkerlærling unterwegs.
Vor mir liegen sechs Wochen. Zeit ein anderes Land kennen zu lernen, Menschen zu begegnen, sich in einer anderen Tischlerei einzuarbeiten und auf sich gestellt zu sein.
Voller Vorfreude, Gespanntheit und auch ein bisschen
Nervosität steige ich in den Zug, passiere die deutsche
Grenze und realisiere auf einmal, dass ich nun wirklich unterwegs bin, auf meinem Weg nach Norwegen!
Ich nehme die Fähre von Hirtshals nach Bergen. Schon auf der Fährfahrt entlang der Küste gelangt man schnell in den Bann der unberührten und
wenig besiedelten Natur und Küstenlandschaft. Der landschaftliche
Unterschied zu Deutschland fällt einem direkt auf. Nach ein paar Tagen Eingewöhnung mit viel Kaffee und Kanelbuller (Zimtschnecken), ersten Bekanntschaften und Unternehmungen mit
Einheimischen, Wanderungen und Kultur, beginnt mein Praktikum in der
«Minde Snekkeri» (snekkeri=Tischlerei).
Trotz vielen neuen Gesichtern, anderer Umgebung und Sprache finde ich schnell Vertrautheit, da mir die Strukturen, Maschinen, Werkzeuge und Materialien sehr bekannt sind. Auch wenn es teils
Unterschiede in der Art und Weise des Ablaufs, der Verarbeitung und der Ausführung gibt, sind die Grundstrukturen des Handwerks sehr ähnlich.
Ich finde mich schnell in der Tischlerei ein, die anderen Tischler*innen sind freundlich, offen und hilfsbereit. Durch Kooperationen lerne ich
andere Handwerksunternehmen kennen, arbeite in öffentlichen Bauten und lerne dadurch Norwegen auf eine einfache Art kennen, weit weg von dem Tourismus.
Auch freunde ich mich mit «Snekkerlærling» Leona an, wir verstehen uns
gut bei der Arbeit und treffen uns auch gerne am Wochenende.
Die Art durch Arbeiten ein anderen Land, Menschen und Kultur kennen zu lernen, gefällt mir immer mehr. Es stehen keine touristischen Attraktionen im Mittelpunkt, viel mehr das Leben der einheimischen Menschen und deren Kultur. Automatisch beginnt man zu reflektieren und Vergleiche zu Deutschland zu stellen. Da man sich einen Alltag aufbaut, man mit Einheimischen in Kontakt kommt und mit mehr Zeit einen Ort erkunden kann, fällt es einem leichter sich in das andere Land zumindest ein wenig zu integrieren.
In meiner freien Zeit erkunde ich die Gegend auf Wanderungen und mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Das Busnetz ist sehr gut ausgebaut, wodurch man nicht unbedingt auf ein Auto angewiesen ist. Aber auch kulturell hat Bergen viel zu bieten: ich besuche moderne und klassische Konzerte, Drink and Draw Veranstaltungen (Zeichen-Events),
Ausstellungen und bin abends mit neuen Gesichtern in der Stadt unterwegs.
Auch rückblickend habe ich meine Freizeit während des Praktikums genossen und konnte auch dort vieles Lernen und mit nach Deutschland nehmen, darüber mich ich sehr dankbar. Allgemein bin ich sehr dankbar, dass es die Möglichkeit eines Auslandspraktikums während einer Berufsausbildung gibt und dass man von ErasmusPlus, der Handwerkskammer, der Berufsschule und dem Betrieb unterstützt wird.
Abschließend kann ich nur noch dazu motivieren eine Berufserfahrung im
Ausland zu sammeln, egal ob während oder nach der Ausbildung. Auch wenn die Vor- und Nachbereitung einige Zeit in Anspruch nimmt, lohnt es sich auf jeden Fall!