Apprenticeships around the World

Als Tischlerin in Norwegen – Anna Bruder

Snekkerlærling unterwegs.

Vor mir liegen sechs Wochen. Zeit ein anderes Land kennen zu lernen, Menschen zu begegnen, sich in einer anderen Tischlerei einzuarbeiten und auf sich gestellt zu sein.
Voller Vorfreude, Gespanntheit und auch ein bisschen
Nervosität steige ich in den Zug, passiere die deutsche
Grenze und realisiere auf einmal, dass ich nun wirklich unterwegs bin, auf meinem Weg nach Norwegen!

Ich nehme die Fähre von Hirtshals nach Bergen. Schon auf der Fährfahrt entlang der Küste gelangt man schnell in den Bann der unberührten und
wenig besiedelten Natur und Küstenlandschaft. Der landschaftliche
Unterschied zu Deutschland fällt einem direkt auf. Nach ein paar Tagen Eingewöhnung mit viel Kaffee und Kanelbuller (Zimtschnecken), ersten Bekanntschaften und Unternehmungen mit
Einheimischen, Wanderungen und Kultur, beginnt mein Praktikum in der
«Minde Snekkeri» (snekkeri=Tischlerei).

Trotz vielen neuen Gesichtern, anderer Umgebung und Sprache finde ich schnell Vertrautheit, da mir die Strukturen, Maschinen, Werkzeuge und Materialien sehr bekannt sind. Auch wenn es teils
Unterschiede in der Art und Weise des Ablaufs, der Verarbeitung und der Ausführung gibt, sind die Grundstrukturen des Handwerks sehr ähnlich.
Ich finde mich schnell in der Tischlerei ein, die anderen Tischler*innen sind freundlich, offen und hilfsbereit. Durch Kooperationen lerne ich
andere Handwerksunternehmen kennen, arbeite in öffentlichen Bauten und lerne dadurch Norwegen auf eine einfache Art kennen, weit weg von dem Tourismus.
Auch freunde ich mich mit «Snekkerlærling» Leona an, wir verstehen uns
gut bei der Arbeit und treffen uns auch gerne am Wochenende.

Die Art durch Arbeiten ein anderen Land, Menschen und Kultur kennen zu lernen, gefällt mir immer mehr. Es stehen keine touristischen Attraktionen im Mittelpunkt, viel mehr das Leben der einheimischen Menschen und deren Kultur. Automatisch beginnt man zu reflektieren und Vergleiche zu Deutschland zu stellen. Da man sich einen Alltag aufbaut, man mit Einheimischen in Kontakt kommt und mit mehr Zeit einen Ort erkunden kann, fällt es einem leichter sich in das andere Land zumindest ein wenig zu integrieren.

In meiner freien Zeit erkunde ich die Gegend auf Wanderungen und mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Das Busnetz ist sehr gut ausgebaut, wodurch man nicht unbedingt auf ein Auto angewiesen ist. Aber auch kulturell hat Bergen viel zu bieten: ich besuche moderne und klassische Konzerte, Drink and Draw Veranstaltungen (Zeichen-Events),
Ausstellungen und bin abends mit neuen Gesichtern in der Stadt unterwegs.

Auch rückblickend habe ich meine Freizeit während des Praktikums genossen und konnte auch dort vieles Lernen und mit nach Deutschland nehmen, darüber mich ich sehr dankbar. Allgemein bin ich sehr dankbar, dass es die Möglichkeit eines Auslandspraktikums während einer Berufsausbildung gibt und dass man von ErasmusPlus, der Handwerkskammer, der Berufsschule und dem Betrieb unterstützt wird.

Abschließend kann ich nur noch dazu motivieren eine Berufserfahrung im
Ausland zu sammeln, egal ob während oder nach der Ausbildung. Auch wenn die Vor- und Nachbereitung einige Zeit in Anspruch nimmt, lohnt es sich auf jeden Fall!

Als Tischlerin in Finnland – Marie Imke

Die Zeit ist gerannt….

Sonntag, „der Tag danach“

Schon sind sechs Wochen Auslandspraktikum in Finnland um… Ich sitze nicht mehr am Küchentisch einer Wohnung in Turku, sondern wieder an meinem Schreibtisch in Deutschland und gerade bei der letzten Woche frage ich mich wirklich, wo die Zeit geblieben ist. Und das geht nicht nur mir so! Ich habe an meinem letzten Tag von einigen Kollegen gesagt bekommen, dass sie gar nicht glauben können, dass ich tatsächlich sechs Wochen in dem Betrieb gearbeitet habe. Aber bei der Menge an neuen Eindrücken und Erfahrungen, die ich machen durfte, darf ich mich eigentlich auch nicht darüber wundern, dass sich die sechs Wochen im Nachhinein eher wie sechs Tage anfühlen.

Ich habe viel lernen und erleben dürfen in meiner Zeit in Finnland und bin sehr dankbar dafür. Es war toll für einige Wochen einen anderen (Arbeits-)Alltag erleben zu dürfen, sich in einer anderen Umgebung wiederzufinden und in einer anderen Sprache zu kommunizieren und ich weiß schon jetzt, dass ich viel daraus habe mitnehmen können.

Das Stadtzentrum Turkus war unglaublich lebendig und es gibt so viele schöne Orte an denen man seine freien Abende oder das Wochenende verbringen konnte. Die Tatsache, dass man sich überall problemlos auf Englisch verständigen konnte und mit dem Bus alles gut erreichen konnte, hat die Freizeitgestaltung sehr leicht gemacht.

Für Tagesausflüge an den Wochenenden musste man sich natürlich etwas beschränken bei der Auswahl der Ziele, um nicht den ganzen Tag in Zug oder Bus zu sitzen, aber die Südwestküste Finnlands hat da definitv viel zu bieten. Mit meiner Mitbewohnerin war ich beispielsweise an den letzten Wochenenden noch in einem Nationalpark nördlich von Turku, etwas mehr im Landesinneren, und in Rauma, einer Stadt an der Westküste Finnlands mit einer unglaublich schönen bunten Altstadt mit den typischen Holzhäusern.

Aber nun noch einmal zu meinen Arbeitserfahrungen im Ausland – schließlich habe ich die meiste Zeit in Finnland logischerweise in meinem Praktikumsbetrieb verbracht.

Der größte Unterschied zu meiner Ausbildung in Deutschland bestand definitiv darin, dass ich in Finnland nur in einer Werkstatt gearbeitet habe und in meinem Ausbildungsbetrieb nicht nur in der Werkstatt arbeite, sondern eben auch zu Kunden auf Montage fahre. Beides hat natürlich irgendwie seine Vor- und Nachteile. Zum Beispiel ist es doch ganz angenehm, wenn man immer alle Werkzeuge und jegliches Material zur Verfügung hat und nicht erst noch in das Auto laden und sich dann auf der Baustelle einrichten muss. Es hat mir aber auch definitiv gefehlt, das Werkstück, das man gebaut hat in seiner späteren Umgebung zu sehen. Oftmals kann etwas erst vor Ort aufgebaut werden und so erlebt man gar nicht den ganzen Fertigungsprozess mit Montage und notwendigen individuellen Anpassungen, denn dafür sind andere Mitarbeiter zuständig.

Ein weiterer großer Unterschied war außerdem die Größe des Betriebes. Mein Ausbildungsbetrieb ist nicht groß und bei uns muss jeder an jeder Maschine arbeiten und die verschiedenen Arbeitsgänge ausführen. Bei dem Praktikumsbetrieb gab es jedoch feste Arbeitsbereiche. Einige Kollegen haben nur Kanten angefahren, nur mit der CNC-Fräse gearbeitet oder an der Formatkreissäge Schichtstoff und Platten zugesägt. So ist ein Werkstück bis zum Verpacken für den Transport zum Schiff durch viele Hände gegangen. Es war unglaublich wichtig, die Arbeiten zu dokumentieren und die Baupläne und Materiallisten weiterzugeben.

Beruhigend war, dass es bei Werkzeugen und Maschinen zwischen den Ländern keine Unterschiede gibt. In Finnland wurden sogar viele in Deutschland hergestellte Materialien verwendet, die ich so schon kannte und deren Beschriftung sogar auf Deutsch war, was mich anfangs sehr überrascht hat. Einziger Unterschied war vermutlich die Verwendung des Zollstocks. Ich nutze ihn normalerweise fast nur. Ein Arbeitskollege von mir in Finnland konnte sich das aber scheinbar nicht mit anschauen und hat mir ein Maßband gegeben, dass dort von jedem für jegliche Art des (Ver-)Messens genutzt wird.

Viele Unterschiede in der Arbeitsweise konnte ich also in diesen Wochen nicht feststellen und es war ein gutes Gefühl zu erkennen, dass man gelerntes Wissen und Fähigkeiten auch relativ problemlos in der Arbeitswelt im Ausland nutzen kann.

Morgen geht es nun aber für mich wieder hier in Deutschland zu Arbeit – mit vielen neuen Eindrücken und Erfahrungen.

Als Tischlerin in Finnland – Marie Imke

Endspurt

Donnerstag, Tag 41

Donnerstagmorgen. Heute ist der vorletzte Tag meines Praktikums hier in Finnland. Die ganze Woche war die Abreise schon sehr präsent, aber gestern nach dem Abschlussgespräch mit Vesa, dem Organisator des Praktikums hier in Finnland, und Klaus, dem „Supervisor“ des Betriebs, der meine Ansprechperson ist, wurde es mir erst so richtig bewusst.

Wir haben eine kurze Bilanz gezogen und sind uns einig gewesen, dass es schön gewesen wäre, wenn ich mehr mit Vollholz hätte arbeiten können und anfangs nicht so häufig neue Aufgaben hätte fordern müssen. Dies war aber in den Wochen anders einfach nicht möglich und von daher bin ich dankbar, dass die Kommunikation mit den Kollegen so gut geklappt hat und sie sich immer Zeit genommen haben zum Beantworten von Fragen oder Einbeziehen in einen Arbeitsvorgang, wodurch ich doch immer gut beschäftigt war.

In der letzten Woche gab es für mich aber noch einmal die Gelegnheit mit Vollholz zu arbeiten. Ich habe Treppenstufen zugeschnitten und sollte außerdem einen Rahmen für den Boden eines Pooldecks vorbereiten. Dafür habe ich lange Leisten Teakholz zugeschnitten, abgerichtet und auf Maß gehobelt, um anschließend mithilfe der Tischfräse eine Nut-Feder-Verbindung über die gesamte Länge herzustellen. So konnte ich nun jeweils zwei Leisten L-förmig verleimen und anschließend die Kanten mit der Handoberfräse bearbeiten.

In den letzten Tagen hatte ich nun noch die Möglichkeit an einem Teilprojekt mitzuwirken, das klein wirkte, aber doch sehr zeitintensiv ist und an dem ich zusammen mit zwei KollegInnen arbeite. 
Es soll eine Art Säule aus übereinander gesteckten Zahnrädern entstehen, von denen einige später Uhren präsentieren sollen. Dafür müssen viele Verbindungen gefräst, Teile aufgeleimt und geschliffen werden, damit am Ende bei der Montage und nach der Lackierung alles exakt zusammenpasst.
Ich bin gespannt, wie viele Stunden von meinen zwei letzten Arbeitstagen ich damit noch beschäftigt bin!

Und dann hatte ich gestern noch eine sehr schöne Begegnung: ein Kollege ist auf mich zugekommen und hat mich gefragt, was ich vor hätte – ich könnte doch jetzt nicht gehen, es gäbe noch so viel zu tun! Und wenn ich jetzt gehen müsste, sollte ich doch wenigstens bald einmal wiederkommen.
Das von ihm so herzlich zu hören, hat mich unglaublich gefreut und mir gezeigt, dass ich in diesem Team vielleicht doch schon länger mehr „angekommen“ bin, als ich selbst gedacht habe. Ein super schöner Abschluss! 

Als Tischlerin in Finnland – Marie Imke

Die zweite Hälfte

Dienstag, Tag 32

Mittlerweile sind schon über vier Wochen des Praktikums hier in Finnland um. Ich kann gar nicht so richtig glauben, wie schnell die Zeit vergeht. Das letzte Mal, dass ich mich hier gemeldet habe, ist nun auch schon wieder über zwei Wochen her.

An der Arbeit habe ich mich mittlerweile wirklich gut eingelebt. Es ist tatsächlich teilweise schwierig, Aufgaben für mich zu finden und aufgrund der Arbeitsabläufe hier nicht möglich ein Teilprojekt von Anfang bis Ende zu begleiten, aber ich konnte mich ganz gut mit den Gegebenheiten arrangieren.

Da ich nun auch die Kollegen kenne, denen ich helfen kann, weiß ich, wohin oder an wen ich mich wenden kann und finde doch immer genug zu tun.

In der dritten Woche hat sich hier merklich die Arbeitsatmosphäre geändert und es lag spürbar eine gewisse Spannung in der Luft. Wie ich im Gespräch mit dem Vorarbeiter später erfahren habe, läuft es in dem Betrieb wohl immer so. An einem bestimmten Punkt „legt sich ein Schalter um“ und die Arbeitsweise verändert sich. Es ist schwer zu erklären, aber es fühlt sich an, als würde irgendwie noch intensiver gearbeitet werden, das Zusammenspiel zwischen allen Bereichen scheint stärker zu werden. Nach einigen Wochen ist aber auch alles wieder beim Alten und es kehrt die so wichtige Ruhe ein. Grund für die andere Arbeitsatmosphäre war jetzt gerade, dass alle Projekte für ein Schiff fertig gestellt wurden und nun komplett auf die Produktion für ein anderes Schiff umgestellt wurde. Das ist tatsächlich auch ein Punkt, der noch immer etwas schwer vorstellbar für mich ist – der Betrieb baut (fast) ausschließlich Möbel und andere Innenausbauteile für Schiffe. Da es sich jedoch um Kreuzfahrtschiffe handelt, sind es keine kleineren Möbel, die gerundet an die Form eines Rumpfes angepasst werden müssten, sondern Küchenmöbel oder Regale wie man sie in Größe und Bauweise in beliebigem Gebäude finden würde.

Ich habe in den letzten Tagen unter anderem bei dem Zusammenbau eines großen Eichenregales mit eingebauten LED-Leisten und geschlossenem Stauraum für einen Parfümerie geholfen, kleine runde Teaktischplatten geschliffen, die Kanten gerundet und alles geölt, riesige Deckenpaneele geschliffen, Küchenschränke zusammengebaut, aber auch beim Bau eines kleinen einzeln stehenden Schminktisches mitgewirkt. Es ist eine ganz gute Mischung aus Arbeiten, die ich alleine mache, bei denen die Abläufe und alles weitere klar sind, und Arbeiten, bei denen vier Hände und zwei Augenpaare einfach sehr hilfreich sind. Und nicht zu vernachlässigen die Erfahrungen, die ich gerade erst anfange zu sammeln mit meiner Ausbildung.

Aber abgesehen von der Arbeit: Das Wetter war hier in letzter Zeit eher grau. Wenn ich mich mit Kollegen über meine Pläne für die freie Zeit unterhalten habe und sagte, dass ich mir ein bisschen Sonne wünschen würde, habe ich immer nur belustigt zu hören bekommen, dass ich mir für mein Praktikum dann aber das falsche Land ausgesucht hätte – Finnland sei eben bekannt für das graue, regnerische Wetter. Dann genieße ich eben das!
Mit meiner Mitbewohnerin, die vor zwei Wochen hier ankam und auch ein Auslandspraktikum macht, bin ich dann aber am Sonntag noch einmal von ganz viel Sonnenschein überrascht worden und wir haben mit dem Fahrrad eine der Inseln vor der Stadt erkundet und wieder darüber gestaunt, dass es selbst von dort in diesem Schärenmeer nicht möglich ist bis zum Horizont zu schauen.

Ich bin gespannt, was in den letzten Tagen noch passiert und was ich noch erleben darf – gefühlt wird es schon morgen wieder mit dem Flieger Richtung Deutschland gehen! 

Als Tischlerin in Finnland – Marie Imke

Update

Sonntag, Tag 16

Seit meinem ersten Post sind nun schon wieder 10 Tage vergangen und ich bin schon über zwei Wochen in Finnland. Mittlerweile habe ich mich hier schon wirklich gut eingelebt, einiges gesehen und vor allem neue Erfahrungen an der Arbeit machen dürfen. In mehreren „Themenblöcken“ möchte ich ein paar meiner Eindrücke und Erfahrungen mit Euch teilen.

Die Arbeit im Betrieb: Am Anfang dieser Woche habe ich mit dem Kollegen die letzten Tischplatten fertig stellen können. Danach durfte ich ihn bei den nächsten Schritten einen kleinen Abschnitt Teak-Deck herzustellen unterstützen . Hierfür haben wir bereits letzte Woche eine zugeschnittene Platte aus Aluminium mit Wabenstruktur als Grundlage genommen und mithilfe von Fugenmasse als Klebstoff, sowie Abstandshölzern zugeschnittene Teakholzstücke aufgeklebt. Auf der Formatkreissäge sind diese dann nach dem Trocknen der Masse „besäumt“ worden. Das heißt, die Kanten aller Teile sind nun exakt parallel zueinander. So konnten wir nun mit dem Rahmen fortfahren. Dieser besteht aus L-förmigen Teakholzstücken, die durch eine Feder verbunden sind und ist auf Gehrung gearbeitet. Da alle Fugen dieselben Maße haben müssen, musste die genaue Länge der Rahmenteile mehrmals überprüft werden. Erst dann konnten wir auch sie mithilfe der Fugenmasse aufkleben. Eigentlich hätte die Masse nun wieder erst über Nacht aushärten und die Rahmenteile dabei mit Zwingen an der gewünschten Position gehalten werden müssen. Um jedoch gleich die Fugen füllen zu können, sind die Teile zusätzlich von unten durch die Aluminiumplatte durch Schrauben fixiert worden, sodass wir schon nach kurzer Zeit die Zwingen abnehmen und die Fugen füllen und mit einem Spatel abziehen konnten. Mindestens vier Tage muss die Fugenmasse nun komplett aushärten.

Danach hat sich für mich, auf der Suche nach neuen Aufgaben, die Möglichkeiten ergeben auch mit anderen Kollegen ins Gespräch zu kommen und ein paar Worte zu wechseln über das, was sie gerade machen. Ich bin dann schließlich für einige Tage bei einem Kollegen gelandet, der für das Belegen von Spanplatten, Aluminium und oben genannten Wabenplatten zuständig ist, sowie das Verleimen von MDF, das durch die Verwendung der großen (Furnier)Pressen erleichtert wird. Wir haben viele, viele Teile mit Laminat belegt und dabei entweder flüssigen Klebstoff verwendet, der zunächst mit einem Härter vermischt werden muss und dann mit Spachtel und Rolle verteilt wird oder wir haben bei den großen Wabenplatten auf einen Klebstoff zurückgegriffen, der fest ist, aufgerollt und sich wie eine Folie anfasst. Er wird erst durch das Pressen und die Hitze dabei flüssig und verbindet sich dann mit beiden Materialien. Am Ende dieser Woche habe ich dann noch einige Zeit mit Schleifen verbracht. Bei der Größe der Projekte in diesem Betrieb sind es immer eher mehrere Dutzende anstatt „nur“ einem Dutzend Leisten…

Die Sprache: An der Arbeit kommuniziere ich mit meinen Kollegen glücklicherweise fast problemlos auf Englisch. Bisher war es immer möglich sich gegenseitig zu verständigen und zu besprechen, was zu tun ist, auch wenn man vielleicht noch einmal nachfragen musste und nicht sofort die richtigen Worte finden konnte. Schwieriger ist es da schon eher sich an Gesprächen zu beteiligen. Wenn sich Kollegen unterhalten, ist es unmöglich mitzubekommen, über welches Projekt oder private Thema sie sich gerade unterhalten, denn die Bedeutung finnischer Worte lässt sich wirklich nicht leicht ableiten… Das wird sich für mich in den nächsten Wochen wohl auch leider nicht ändern, aber ich hoffe, dass ich immerhin in der englischen Sprache noch ein bisschen mehr an Sicherheit gewinnen werde und es mir leichter fällt mich so auszudrücken, wie ich es auch in meiner Muttersprache tuen würde.

Das Busfahren: Mittlerweile ist es schon ganz normal, letzte Woche wäre es mir aber bei meiner ersten Busfahrt fast zum Verhängnis geworden: hier in Finnland muss man den Bussen an den Haltestellen per Handzeichen zu verstehen geben, dass man einsteigen möchte. Die Haltestellen werden hier von vielen verschiedenen Buslinien angefahren und hält man den Bus nicht an, fährt er weiter. Da ich das aus Deutschland so nicht kenne, war ich unglaublich froh, dass noch eine andere Frau mit mir an der Haltestelle stand, die denselben Bus nehmen wollte, wie ich.  

Die Landschaft: An unterschiedlichen Orten und auf unterschiedlicher Weise konnte ich in den letzten Tagen die Landschaft der Südwestküste Finnlands etwas besser kennenlernen. Zu Fuß war ich auf dem Festland in Naantali unterwegs und habe den Blick auf die vielen Inselgruppen genossen, sowie die Straßen der Altstadt aus bunten kleinen Holzhäusern, die ihren ganz eigenen Charme haben. Von zwei Kollegen bin ich am Mittwoch eingeladen worden mit ihnen eine Runde Kajak zu fahren und es war unfassbar schön selbst zwischen diesen Inseln auf dem Wasser unterwegs sein zu können. Wir haben auf einer kleinen Insel eine Pause gemacht, waren also mittendrin in diesem Schärenmeer und konnten uns die grüne und felsige Küste des Festlandes genauer anschauen. Und gestern bin ich von Hanko aus, einer Küstenstadt auf halbem Weg zwischen Turku und Helsinki, mit dem Boot auf die Insel Bengtskär gefahren, um dort den südlichsten und auch höchsten Leuchtturm Finnlands zu besichtigen. Hier war keine andere Insel oder das Festland mehr in Sicht, sondern man konnte über das Meer bis zum Horizont schauen.  

Das war es erst einmal wieder von mir! Morgen geht es wieder an die Arbeit – mal sehen, was in der nächsten Woche für Projekte auf mich warten.

Als Tischlerin in Finnland – Marie Imke

Ankommen

Donnerstag, Tag 6

So ganz kann ich es immer noch nicht glauben, aber ich sitze schon lange nicht mehr zum ersten Mal an dem Küchentisch einer kleinen Wohnung am östlichen Stadtrand von Turku, sondern wohne nun schon fast sechs Tage hier.

Turku liegt an der Südwestküste Finnlands und ist damit ganz schön weit weg von Kassel. Also warum bin ich hier? Ich werde die nächsten Wochen in Raisio, einem Vorort von Turku, ein Praktikum in dem Betrieb „Paattimaakarit“ absolvieren. Wer bin ich? Ich bin Marie, 20 Jahre alt und jetzt am Ende meines zweiten Lehrjahres der Ausbildung zur Tischlerin.

Letzten Samstag ging es für mich also nach langer Zeit der Unsicherheit, ob dieses Praktikum aufgrund der aktuellen Weltlage überhaupt stattfinden kann, nach Frankfurt zum Flughafen und von dort in ungefähr zwei Stunden nach Helsinki. Dort bin ich in den Zug umgestiegen und hatte genug Zeit, um einen ersten Eindruck von dem Land zu bekommen. Und der war vor allem grün! Manchmal aber auch rot, mit Dach und weißen Fenstern.

Am frühen Abend bin ich dann in Turku am Bahnhof angekommen und wurde von Vesa, der hier in Finnland alles für das Praktikum organisiert hat, abgeholt und zur Unterkunft gebracht. Dort hat er mir alles Notwendige gezeigt, erklärt und wir haben uns für Montagmorgen um 9 Uhr verabredet, um gemeinsam in den Betrieb zu fahren. Ich hatte so also genug Zeit, um in Ruhe anzukommen und mir meine Umgebung etwas genauer anzuschauen.

Das Stadtzentrum von Turku hat mich am Sonntag mit blauem Himmel und Sonnenschein begrüßt. Zu Fuß bin ich einfach losgelaufen, entlang des Flusses zum Hafen und der Burg von Turku, dann einmal quer durch die Innenstadt. Es war Triathlon in Turku und so viel los auf den Straßen und vor den Lokalen, was wirklich schön war. Und was ich noch beobachten konnte: auch hier, direkt in der Stadt, ist es super grün!

Montagmorgen ging es dann also mit Vesa nach Raisio. Die Begrüßung im Betrieb ist super kurz ausgefallen und große Erklärungen zu Arbeitsbereichen oder -abläufen gab es keine, dafür bin ich aber direkt einem Kollegen zugeteilt wurden und durfte ihn sofort bei seiner Arbeit unterstützen. Ich darf an der Herstellung von Tischplatten mitarbeiten und da es sich hierbei nicht nur um zwei oder drei handelt, sind wir damit auch die letzten Tage beschäftigt gewesen. Leider habe ich dadurch und durch die individuellen Pausenzeiten noch keinen näheren Kontakt zu anderen Kollegen gehabt, aber dafür habe ich hoffentlich noch die nächsten 5 Wochen genug Zeit. Es ist auf jeden Fall super interessant mitzuerleben, wie in der großen Halle des Betriebes alle an eigenen Teilprojekten arbeiten oder die Arbeitsschritte für den nächsten vorbereiten. Anders als ich es aus meinem Ausbildungsbetrieb gewohnt bin, ist es hier unmöglich alles mitzubekommen. Und der Geräuschpegel ist auch ein anderer…

Morgen früh klingelt also um 5 Uhr wieder der Wecker und ich werde zum Frühstücken hier am Küchentisch sitzen, damit ich pünktlich kurz vor 7 Uhr an der Arbeit bin und hoffentlich die letzten Tischplatten fertig werden.