Apprenticeships around the World

Als Maßschneider in Schweden – Sina Kase

im 2. Lehrjahr in Stockholm

Von Sina Kase, 21 Jahre, aus Waldeck-Frankenberg, Auszubildender in Kassel

Ich erhielt die Empfehlung für den Praktikumsplatz von einer anderen Auszubildenden und hatte das Glück, mein Praktikum in Stockholm zu absolvieren. Das Theater befindet sich direkt neben dem Schloss Drottningholm, wo auch die schwedische Königsfamilie wohnt, und ist ein original erhaltenes Barocktheater aus dem Jahr 1766. Es ist der schönste Ort der Welt, vor und hinter der Bühne. Die Kostüme, an denen ich mitgearbeitet habe, auf dieser Bühne zu sehen, in so einer tollen Oper, war eine Ehre für mich.

Die Schneiderwerkstatt befand sich neben dem Theater in einem alten Pavillon, der neben der Schneiderwerkstatt auch noch den Theatershop, die Übungsräume des Orchesters, die Werkstatt der Perückenmacher, den Pausenraum der gesamten Crew und die Räume der Bühnentechniker beherbergte. Die Räume wurden nie um-, nur ausgebaut, deshalb sind viele Decken-, Boden- und Wandbemalungen und Gemälde noch original erhalten und gaben den Arbeitsbereichen einen gewissen Charme.

In der Schneiderwerkstatt arbeiteten wir meistens zu viert, es herrschte übliches Chaos und Unordnung, und wir mussten uns bei der Nutzung von Nähmaschinen und Bügelanlagen gut absprechen. Die Gewandmeisterin hatte einen eigenen Arbeitsraum mit Büro, in dem auch alle Anproben stattfanden. Eine fest angestellte Schneiderin, eine saisonal eingestellte Schneiderin, eine weitere Praktikantin und ich arbeiteten in der richtigen Werkstatt. Trotzdem waren die Hierarchien niedrig, wir sprachen uns alle beim Vornamen an und ich wurde nie herablassend behandelt, wie ich es aus vergangenen Praktika in Deutschland kannte. Ich verstand mich gut mit meinen Kolleginnen.

Da ich in den letzten vier Wochen vor der Premiere dort war, waren die meisten Kostüme schon fertig. Die zweite Praktikantin und ich nahmen letzte Pass- und Dekoänderungen vor und nähten Knöpfe und Verschlüsse an. Allerdings fing ich direkt damit an, die Kostüme des Orchesters zu fertigen, im Laufe des Praktikums fertigte ich sieben Hemden und um die zehn Westen, alle grob im Stil des 17. Jahrhunderts. Eine dieser Westen wurde von einem Sänger und Schauspieler auf der Bühne getragen, alles andere vom Orchester.

Mit allen angewandten Techniken entsprach das fast meinem Können, und so lernte ich im Praktikum vor allem effizientere Fertigungsabläufe und den Arbeitsablauf vor einer Premiere im Theater kennen. Ich fand das sehr interessant und trotz der immer gleichen Kleidungsstücke, die ich fertigte, abwechslungsreich. Meine Arbeiten unterschieden sich nicht großartig von den ausgelernten Schneiderinnen, die im Unterschied zu mir letzte Kostümteile wie Umhänge, Röcke und Hüte fertigten und mit der Gewandmeisterin letzte Entscheidungen über die Designs trafen und uns Praktikanten anleiteten. Meine Arbeitsabläufe und die Fertigungstechniken für die Hemden und Westen erarbeite ich mir so selbstständig nach dem, was ich gelernt hatte. Ich lernte aber auch, dass sich klassische Maßschneiderverarbeitung in einigen Punkten sehr von den Techniken im Theater unterscheidet. Im Theater wird viel mehr improvisiert, je nach Kostüm und Accessoire auch mal getackert und geklebt, und da manche Kostüme für andere Aufführungen wiederverwendet werden, viel mehr mit Fokus auf einfach Abänderung gearbeitet. Zum Beispiel reparierte ich Westen und Hosen, die die Namensschilder von bis zu vier anderen Schauspielern aus vier anderen Stücken trugen und zwischendurch kein einziges Mal gewaschen wurden, weil das Material dies nicht zuließ.
Den Einblick in den Berufsalltag würde ich somit als sehr akkurat bezeichnen. Wir Praktikanten arbeiteten genau dieselben Stunden wie die Schneiderinnen, Überstunden derer ausgenommen, und machten dieselben Pausen. Die Liebe der Schneiderinnen zum Handwerk wurde in ihrer Arbeitsmoral sichtbar, und ich fand es wirklich schön zu sehen, dass alle mehr als nur einen Job zum Geldverdienen arbeiteten. Es war ein gesundes Arbeitsumfeld und ein gesundes Verhältnis zur Arbeit, die sich wirklich gelohnt hat, denn das Ergebnis auf der Bühne war wirklich phänomenal.

Vor der Premiere haben wir auch mit einigen Mitarbeitern des Theaters ein Konzert besucht. Ein Mitglied des Orchesters, Jonas Nordberg, ist ein bekannter Lautenspieler und hat im Barocktheater auf Schloss Gripsholm Konzerte gegeben, von denen wir eins besucht haben. Der Kurztrip nach der Arbeit dorthin und in das anschließende Dorf Mariefred war eine sehr schöne Erfahrung.

Dadurch, dass fast alle Abteilungen des Theaters im selben Haus arbeiteten oder kursierten, bekam ich kurze Einblicke in die Arbeit der Bühnentechniker, des Orchesters, der Operndirektorin und des Choreographen. Ich führte Gespräche mit einigen interessanten Personen, wo sich die Gelegenheit ergab. Ich hörte das Orchester proben, hörte die Leute in diversen Sprachen im Pausenraum reden. Die Oper erschien mir so wie das Ergebnis der Leidenschaften einzelner Künstler und ich habe es geliebt.

Meine Zeit in Stockholm war auch abseits des Praktikums sehr erfüllend. Es war das erste Mal, dass ich alleine soweit reiste und musste mich zum ersten Mal selbst versorgen, weil ich noch nicht von zu Hause ausziehen konnte. Es hat wieder aller Erwartungen Spaß gemacht und sehr gut geklappt. Bloß bin ich ein schrecklicher Koch. Ich hatte mir für die vier Wochen ein Zimmer gemietet und hatte so gleich auch eine Mitbewohnerin und zwei Katzen. Die Wohnung befand sich in einem Wohngebiet nahe einer S-Bahn-Station und einem Einkaufszentrum, mein Ausblick sowie das ganze Stadtbild war aber von Grünflächen, Bäumen und riesigen Wohntürmen geprägt. Mir wurde bewusst, wie gut die Abwesenheit von Autos wirklich tat.

An den Wochenenden besuchte ich so viele Museen wie ich nur konnte und erkundete die Innenstadt Stockholms. Ich entdeckte einen Flohmarkt und lief sogar in der Pride Parade mit. Durch den sehr gut ausgebauten ÖPNV (laut meiner Kollegen „ausreichend“, aber ich bin Deutsche Dorfverhältnisse gewöhnt) kam ich überall gut mit S-Bahn, Tram, Bus und zu Fuß an. Es gab eine Bootsverbindung direkt in die Innenstadt, kostenlos für Mitarbeiter und mit einer tollen Aussicht. Historische Häuser, Wohntürme und modernste Infrastruktur stand im Einklang mit Wäldern und riesigen Meeresarmen, da die Stadt sich über zahlreiche Inseln erstreckt. Auf meinem Weg zur Arbeit überquerte ich zwei Meeresarme, beide so breit wie riesige Flüsse wie der Rhein. In einer Großstadt zu wohnen, war für mich als Dorfkind eine tolle Erfahrung, und in Stockholm, mit so einer viel fortgeschritteneren Infrastruktur als in Deutschland, umso positiver.

Am Ende des Praktikums wollte ich eigentlich gar nicht gehen. Ich hatte mich so schön eingearbeitet und eingelebt und fühlte mich so geborgen wie Zuhause. Das Praktikum im Ausland zu machen war komplett meine eigene Entscheidung, die Planung desselben die schlimmste Phase meines Lebens und fast komplett ohne die Hilfe meiner Eltern, und während meines Praktikums war jede einzelne Entscheidung im Alltag über mich selbst meine eigene. Ich war gewissermaßen völlig unabhängig. So habe ich, trotz der teils anstrengenden Arbeit oder der entwickelten Routine, mich wirklich lebendig und frei gefühlt und habe über meinen Beruf hinaus fürs Leben gelernt.
Ich habe große Träume und Ziele für die Zukunft, so viel dass ich noch abseits von der Schneiderei lernen und machen will, aber dank diesem Praktikum weiß ich eins: Wenn ich für den Rest meines Lebens als einfacher Schneidergeselle oder Meister in einem Theater arbeiten würde, hätte ich nichts dagegen. Es wäre ok. Es wäre auch so ein erfülltes, schönes Leben. Und ich bin dankbar, dass ich diese Möglichkeit hatte und froh, dass ich sie ergriffen habe.

Stehaufmännchen

„Ich kritisiere sehr, dass diese Flexibilität von jungen Menschen bedingungslos gefordert wurde und niemand hinterfragt hat, was das mit uns macht.“

Ich wurde neulich gefragt, ob ich mir Sorgen machen würde nach meiner Weiterbildung eine Stelle an einem Theater zu finden, jetzt wo sie doch eine schwere Zeit hinter sich haben und nicht jedes Theater das Geld hat. Ich hatte bis dahin nicht einmal darüber nachgedacht, ob die Pandemie und die damit fehlenden Einnahmen von Theatern zu einen Stellenabbau in den Werkstätten führen könnten. Und ich bin froh, dass mir dieser Gedanke nicht gekommen ist, ansonsten wären die letzten Monate noch schwerer durchzuhalten gewesen.

Blick ins Tutu – das erste Tutu was ich je gemacht habe, zusammen mit einer Mitschülerin

Seit August vergangenen Jahres mache ich meine vollschulische Weiterbildung zur Gewandmeisterin Fachrichtung Damen und auch wenn ich schon viele Jahre darüber nachgedacht habe, wie diese Weiterbildung sein würde auf die Idee, dass ich die Hälfte meines ersten Schuljahres per Onlineunterricht absolvieren würde, bin ich nicht gekommen.

Schon im ersten Lehrjahr meiner Ausbildung zur Damenmaßschneiderin am Staatstheater Kassel stand für mich fest, dass ich Gewandmeisterin werden möchte. Meine damalige Gewandmeisterin hat mich begeistert und ich habe mir zu der Zeit gedacht, wenn ich auch nur ansatzweise so werde wie sie, dann habe ich schon was erreicht. Der Beruf der Gewandmeisterin fand im magischen Raum der Anprobe statt, dort wurden die Grundsteine für ein Kostüm gelegt in Form von Schnittmustern und zugeschnittenen Stoffbahnen. Die Anprobe war der Raum in den man nicht so oft kam, schon gar nicht während der Anproben. Für mich war es immer etwas besonderes, dort schnell durch zu huschen um ein Nadelkissen rein zureichen und dabei einen ersten Blick auf das Kostüm an der Schauspielerin zu erhaschen.

Ich liebe mein Handwerk. Ich finde es immer noch wundervoll zu sehen, wie etwas entsteht und aus einer platten Fläche ein Kleidungsstück zu formen, dass sich dreidimensional um den Körper legt. Aber der Beruf der Gewandmeisterin bietet mir und den Dingen, die ich gerne tue, noch mehr Raum diese auszuleben. Mit dem konstruieren der Schnitte setze ich bei der Entstehung eines Kostüms noch einen Schritt weiter vorne an. Ich bin viel in Kontakt mit neuen Menschen, lerne Kostümbildner und Schauspieler kennen und bin so ein Scharnier zwischen der Welt des Handwerks und der Welt der Kunst. Nur für die Kunst zu arbeiten würde mir dann doch zu bunt werden.

Vorbereitungen zu weiteren Schnittkonstruktionen

Ich bin also im vergangenen Sommer, nach knapp fünf Monaten in Heimarbeit nach Hamburg gezogen und habe mich unglaublich gefreut, dass die Weiterbildung begann und die einzige Einschränkung Stoffmasken waren – Einschränkungen die gut auszuhalten waren.

Die letzten Wochen vor den Sommerferien durfte ich auch wieder ohne viel nachzudenken jeden Tag in die Schule kommen, zwar mit FFP-2 Maske im Gesicht und regelmäßigen Schnelltests, aber besser als noch einen weiteren Tag von meinem Zimmer aus zu arbeiten. Denn ab Dezember 2020 kam das Homeschooling durch das ich zunächst gut gekommen bin, weil ich mir viel Zeit zum planen und To-Do-Listen schreiben genommen habe. Weil ich mich dazu gezwungen habe mich nicht zu wundern, dass ich jetzt viel schneller mit den vorgenommenen Aufgaben fertig bin. Und vor allem weil ich irgendwann die Politik und die Entscheidungen von Bund und Ländern nicht mehr ernst genommen habe.

Um ganz ehrlich zu sein, haben mir die ersten Wochen sehr gut getan. Ich hatte Zeit für mich, konnte konzentriert arbeiten, weil es keine Ablenkung gab und wenn ich einen nicht so guten Tag hatte war ich immerhin in einer Umgebung, die sich gut anfühlte. Ich habe mein bestes gegeben meine Disziplin hochzuhalten um nicht jeden Tag um 12 Uhr auf der Couch zu landen und da haben sich Wecker und To-Do-Listen als wahre Wunder entpuppt. Ich habe weiterhin einen gleichmäßigen Tagesablauf eingehalten, zur selben Zeit aufstehen, Mittagessen und Feierabend machen. Irgendwann habe ich dann gemerkt, wie viel Kraft es kostet, das alleine durchzuhalten.

Innenverarbeitung Korsett

Wege fielen weg -alleine durch den fehlenden Schulweg gewann ich 90 Minuten pro Tag- , Wege wurden kürzer -mein Zimmer ist einfach kleiner als die gesamte Etage, die uns in der Schule zum arbeiten zur Verfügung steht- und durch das kontinuierliche arbeiten wurden die Dinge einfach schneller fertig. Es hat ein bisschen gebraucht, bis ich das verstanden hatte und nicht mehr glaubte faul zu sein, nur weil ich jetzt zu Hause und teilweise von der Couch aus arbeitete.

Was mich auf Dauer mürbe gemacht hat, war der Fakt, dass ich ab Januar mehr schwarze Felder bei Zoom, Moodle, Webex etc. als Menschen gesehen habe. Ich war bereit zu planen und umzuplanen, aber nur wenn ein klares Ende in Sicht wäre, was die Politik nicht zugelassen hat. Das Hoffen, dass es vielleicht in zwei Wochen, sieben oder zehn Tagen normal und in Präsenz weitergeht, und die Enttäuschung, dass es doch nicht klappt, hat mich erschöpft. Ich wurde in einem Interview zu diesem Thema befragt und die Journalistin hat meine Aussagen perfekt zusammen gefasst: „Ich kritisiere sehr, dass diese Flexibilität von jungen Menschen bedingungslos gefordert wurde und niemand hinterfragt hat, was das mit uns macht.“ Wenn ich jetzt zurück blicke, weiß ich was ich mir von der Politik gewünscht hätte, und zwar einen harten Lockdown, wie andere europäische Länder um uns herum. Nach Weihnachten das Land für drei Monate dicht machen, egal wie die Zahlen sind und dann zwei Wochen vor Ende auswerten wo wir stehen. Ich bilde mir ein, dass ich damit besser hätte umgehen können als mit diesen Häppchen an Optimismus die mir zugeworfen wurden.

Trotzdem kam ich an den Punkt, an dem ich an mein Höhlenleben gewöhnt war. Ich konnte damit umgehen, dass meine Schulsachen auch noch von meinem Bett zu sehen waren und dass ich eigentlich jeden Abend staubsaugen musste um Fäden und Flusen aufzusaugen um langsam wieder das Gefühl zu haben in meinem Zimmer und keiner Werkstatt zu sein. Langsam gewöhnte ich mich daran Privatleben und Schulleben, das im selben Raum stattfand auszubalancieren.

Ich habe sechs Jahre lang darauf hin gefiebert diese Weiterbildung anzufangen, wie viele meiner Mitschülerinnen auch. Und es stimmt mich schon traurig, dass ich mich in meinem ersten Jahr der Weiterbildung mehr darum gekümmert habe, unter welchen Bedingungen ich in ein Schulgebäude darf, oder meine Freunde sehen darf, oder Materialien kaufen kann, als einfach auszuprobieren, was mit dem Beruf der Gewandmeisterin alles möglich ist.

Es war zwar ein taffes Jahr, aber es gab schon auch eine Menge zu lachen

Aber nein, ich mache mir keine Sorgen eine Stelle am Theater zu bekommen. Ich meine, ich möchte für Theater arbeiten, die Stehaufmännchen Deutschlands. Die gesamte Kulturszene hat mich in dem letzten Jahr beeindruckt, in dem so ziemlich alles gefördert und unterstützt wurde (auch Pelzfarmen in Dänemark), nur sie nicht so wie sie es verdient hat. Dabei standen die Hygienekonzepte zuerst in Schauspiel- und Opernhäusern, sowie Konzertsälen fest. Theater sind wandelbar, mussten sich immer wieder neu erfinden und haben es auch so durch die Pandemie geschafft. Es wird sich eine Stelle für mich finden, vielleicht nächstes Jahr, vielleicht auch erst in zwei Jahren, an einem Schauspielhaus oder einem Mehrspartentheater, in Deutschland, der Schweiz oder Österreich. Da bin ich mir sicher.

Bis bald,
Ihre Clara

Als Maßschneiderin in Spanien – Laura Molzberger

La Vida Loca !!!

Mein persönlicher Erfahrungsbericht mit dem Erasmus plus Programm.

Hola buenos dias, como estas?
Mein Name ist Laura und bin 24 Jahre alt, ich habe eine Ausbildung zur Maßschneiderin gemacht und eine Weiterbildung zur Staatlich geprüften Modedesignerin.
Es war schon immer mein persönlicher Traum nach Spanien zu gehen, um eine neue Sprache zu lernen und eine andere Kultur zu entdecken. Genau das ist was das Erasmus+ Programm ausmacht.
Erasmus+ ermöglichte mir nach dem Abschluss meiner Ausbildung mich Kulturell, Sprachlich, menschlich und beruflich weiterzubilden.
Meine ersten Schritte in Spanien habe ich allerdings ohne Erasmus+ gemacht.
Nach meiner Weiterbildung habe ich mich entschieden, als Au-pair 7 Monate nach Teneriffa auf die Kanarischen Inseln zu gehen.
Ich habe die Zeit sehr genossen dennoch hat mir mein Handwerk sehr gefehlt vor allem das Kreative arbeiten Zeichnen und Nähen.

So bin ich nur durch Zufall und eine Menge Glück auf Instagram auf Maria Azcarate gestoßen und Ihr Designer Brand Mia.sustainible.Collection.
Maria Azcarate ist eine einheimische Modedesignerin die ausschließlichen Biologischen und organischen Materialien verwendet.
Das Thema Nachhaltigkeit hat mich persönlich sehr angesprochen. Da Nachhaltigkeit heute wichtiger ist als jemals zuvor.
Vor allem die Modebranche und Ihr damit verbundener schlechter Ruf steht im großen Wandel. Immer mehr Brands orientieren sich an dem Neuem Trend der Gesellschaft. Wir fordern Nachhaltigkeit ökologische und fair Produkte.
So auch Maria Azcarate mit ihrem Mode Brand Mia.sustainible. Collection.
Daraufhin habe ich m ich mit dem Erasmus + Programm in Verbindung gesetzt und nach einigen Telefonaten und Papierangelegenheiten habe ich die Möglichkeit bekommen ein Auslandspraktikum in Teneriffa bei Maria Azcarate zu machen.
Ich bin sehr glücklich darüber diese große Chance bekommen zu haben und das Leben die Arbeit und das Essen auf einer der schönsten Inseln der Kanaren genießen zu dürfen.

Jelmezart

Mein 4 wöchiges Praktikum bei Jelmezart in Szolnok ist nun vorbei. Und jetzt habe ich ein wenig mehr Zeit auch etwas über meine Berufserfahrung zu erzählen.

Jelmezart hat einen Verkaufsraum an der Straße. Neben dem Geschäft geht man durch ein großes Tor geht und kommt in einen Hinterhof. Von dort aus kann man in 3 verschiedene Gebäude gehen. Dort befindet sich die Herrenschneiderei, die Damenschneiderei und das Bürogebäude.

Innenhof

Mein Arbeitsplatz bestand aus einer Industrienähmaschine, welche in einem Tisch gesetzt ist. Das heißt, andere Näharbeiten mussten auch in diesem Bereich erarbeitet werden.

Mein Arbeitsplatz

Wie schon in meinem ersten Bericht erwähnt, wurde ich direkt mit in die Arbeit integriert. Das heißt Kostüme für die Theaterhäuser zur Anprobe vorbereiten. Nach dem Mitarbeiter die Anprobe vor Ort durchgeführt hatten, hieß es die Kostüme in Szolnok abzuändern und für die zweite Anprobe anzufertigen.

Plissee Kleid für die erste Anprobe angefertigt

Ich habe in den 4 Wochen sehr viel gelernt. Nicht nur im Handwerk, sondern auch darüber hinaus. Ich durfte, dass erste Mal Plissee verarbeiten und habe die klassische Theaterverarbeitung besser kennen gelernt.

Zudem habe ich auch gelernt, dass es nicht wichtig ist dieselbe Sprache zu sprechen. Verständigen kann man sich immer. Ich hatte eine super Zeit und wurde sehr herzlich aufgenommen und auch am Ende verabschiedet.

Ob es die Erfahrung wert war und ob ich es wieder machen würde? Definitiv!

Budapest

Während meinen 4 Wochen in Szolnok hatte ich jedes Wochenende die Chance mit der Bahn nach Budapest zu fahren. Apropos Bahn: das Bahnticket hier ist wesentlich günstiger als in Deutschland. Für eine Bahnstrecke von 100km bezahle ich hier ca. 2000Forint (Forint-Währung). 2000Forint sind umgerechnet 6€.

Budapest hat seinen ganz eigenen Charme.

Budapest Parlament von der Buda Seite bei Nacht

Neben den typischen Sightseeing Teil habe ich Budapest auch einfach mal genossen. Zum Beispiel war ich in der Gallert Therme. Die Therme befindet sich in Gellert Hotel. Auch dieses Gebäude hat eine wunderschöne Architektur mit sehr schönen Glaskuppeln und Statuen.

Selbst nach 3 Wochenenden jeweils in Budapest habe ich noch immer nicht alles sehen können. Es ist eine wunderschöne Stadt, die sich für einen Besuch echt lohnt!

Warum ausgerechnet Ungarn?

Diese Frage wurde mir jetzt schon so oft gestellt. Jedoch kann ich dies gar nicht so erklären. Ich habe eher nach einem neuen Reiseziel geschaut. Natürlich mit dem Hintergedanken an einem Theater/Oper in Fachrichtung Tanztheater/Ballettkostüme zu arbeiten. Da viel mir auf anhieb Ungarn/Tschechien ein. Und nach Budapest wollte ich schon immer mal.

Nach vielen erfolglosen Bewerbungen (auch in Irland/Schweden etc.) habe ich dann kurzfristig über eine Agentur meinen jetzigen Praktikumsplatz gefunden. Zwar bin ich nicht wie erhofft an einem Theater/Oper. Jedoch hat sich das Schicksal gefügt. Der Vermittler in Budapest hat innerhalb von kürzester Zeit Jelmezart in Szolnok gefunden.

Jelmezart wurde 1995 in Szolnok gegründet. Es ist eine international anerkannte Kostümschneiderei, die auch Kostüm Accessoires, Lebensechte Puppen, Alltagskleidung und auch Hochzeitskleidung herstellen.

Nun hieß es alles in 4 Wochen organisieren, planen und buchen.

Die Anreise war sehr ereignisreich. Nachdem ich in Budapest gelandet bin hieß es mit dem Bus zum Westbahnhof Nyugati zu fahren und von dort aus weiter nach Szolnok. Der Fahrkartenkauf am Nyugati Bahnhof stellte sich als schwierig heraus, da am Fahrkartenschalter niemand deutsch oder englisch konnte. Nach einiger Zeit fand ich dann heraus, dass es anscheinend auch Automaten gibt.

Nachdem ich endlich die Fahrkarte hatte hieß es auf der Anzeigetafel ausschauzuhalten. Da die Züge kein festen Abfahrgleis haben.

In Szolnok angekommen ging es mit den öffentlichen Busverkehr weiter zu meiner Unterkunft. Die Busse sind sehr gewöhnungsbedüftig. Alles klappert und hält irgendwie zusammen. Und dass die Abgase auch im Bus zu riechen sind stört so gar niemand.

In der Unterkunft angekommen, wurde ich sehr nett von der Vermieterin und ihrer Mutter empfangen. Es stellt sich heraus, dass sie öfters Austauschstunden hosten. Und ich Frühstück und Mittagessen mit in meiner Unterkunft habe.

Am Sonntag habe ich dann auf eigener Faust Szolnok erkundet. Hier gibt es sehr viele alt Gebäude und sehr viele deutsche/britische Shops/Supermärkte. Außerdem ist mir schon bei der Ankunft in Budapest aufgefallen, dass Ungarn für alles Statuen/Denkmäler hat. Auch hier in Szolnok.

Montag Morgen war mein erster Arbeitstag. Ich wurde super herzlich von der Chefin empfangen. Weil Sie kaum englisch oder deutsch spricht hat sie einer ihrer Dolmetscher mit in das Gespräch einbezogen. Nachdem ich von der Dolmetscherin herumgeführt wurde, wurde ich direkt von einer der 5 Gewandmeister mit in die Arbeit eingespannt. Beidseitig verständigen wir uns mit Händen und Füßen. Obwohl wir nicht die selbe Sprache sprechen, verstehen tut man sich doch irgend wie.

Erzähl doch mal…

Schon während meines Austauschjahres habe ich mir schwer getan eine Antwort zu finden, wenn jemand einfach nur „Erzähl doch mal“ zu mir sagte. Eigentlich wünsche ich mir, dass mich jemand mit Fragen bombardiert und ich genau weiß wovon ich doch mal erzählen soll. Das macht es für mich leichter: Ich weiß wo ich anfangen und wo ich aufhören muss.

Neulich habe ich nach über einem Jahr einen Freund wiedergetroffen. Er hatte wie immer wenig Zeit, weil er direkt weiter zum nächsten Job musste. Es blieb wenig Zeit zum Erzählen und zum Reden. Deswegen hatte ich beschlossen mir Zeit zu nehmen und ihm einen ordentlichen Brief zu schreiben und von einigem zu berichten. Und zwar nicht von den Dingen, die ich in meinem letzten Eintrag angesprochen habe, sondern von schönen Erlebnissen, wie meine Reisen nach San Francisco und nach Georgia.

Es ist mir wichtig, dass ich nach dem letzten Eintrag auch so etwas hier veröffentliche, weil mein Jahr in den USA auch viele gute Seiten hatte.

Ich habe in einem langen Brief einen Reisebericht an einen guten Freund geschrieben und darf mit seiner Zustimmung Auszüge daraus veröffentlichen:

„[…] Ich finde es bemerkenswert, dass du zwei Wochen Urlaub in NYC gemacht hast. Als ich dort letztes Jahr gelandet bin, fand ich es ehrlich gesagt ziemlich schrecklich dort. Mir war alles zu gerade. Die Straßen laufen ja schnurgerade, im rechten Winkel zu einander in alle Richtungen. Schaut man hoch geht es dort genauso gerade weiter. Und alles ist so grau. Ich war letztes Jahr zuerst mit ein paar Leuten aus meinem Programm unterwegs, die allerdings ihre Bucketlist am Start hatten, die es galt in vierundzwanzig Stunden abzuarbeiten. Ich war ziemlich froh, als ich in der Grand Central Station verloren ging. Das war für mich der beste Tag in dieser Stadt. Ich bin dann etwa dreißig Blocks bis zum Central Park gelaufen und habe einfach die Sonne genossen und ein Buch gelesen. Ich war tierisch froh, als es endlich von NYC weiter nach Minnesota ging, wo ich das letzte Jahr gelebt habe.

Trotzdem war ich dieses Jahr im Juli noch einmal in New York. Alle Teilnehmer haben sich dort getroffen und sind dann zusammen ausgereist. Ich habe mich schon ein paar Tage vor der gemeinsamen Rückreise dort mit einer Freundin getroffen. Wir haben uns ein Airbnb in Brooklyn gemietet, Wein getrunken und viel gute Musik gehört (hauptsächlich modern Country, was ich wirklich gerne höre, seitdem ich in den USA war). Nach einem Jahr in den USA, in dem ich mich daran gewöhnt habe, dass amerikanische Städte einfach quadratisch-praktisch-gut aufgebaut sind, kam ich auch in NYC zurecht. Es waren wirklich gute letzte Tage.

Der Strand in Destin, Florida liegt am Golf von Mexiko

Wenn du nochmal zum Urlaub machen in eine amerikanische Großstadt fliegen willst kann ich dir nur San Francisco, Washington D.C., Atlanta und (wenn es etwas kleiner sein darf) Madison in Wisconsin empfehlen. Alles Städte, in denen ich wirklich gerne war, vielleicht weil sie mir offener und europäischer vorkamen als Minnesota.

In San Francisco war ich vor knapp einem Jahr. Kurz nach meinem Geburtstag habe ich dort eine Bekannte besucht, die vor vielen Jahren in Göttingen studiert hat. Es war ein perfekter Trip. Ich habe jeden Morgen mit Blick auf Palmen und den Pazifik gefrühstückt und dann die Stadt mit jemandem erkundet, der seit einigen Jahren dort lebt. Das ist eigentlich das Beste, was einem passieren kann. Auf diese Art lernt man eine Stadt so viel besser und gar nicht nur touristisch kennen. Sie hatte den perfekten Mix aus ihren Lieblingsplätzen und Sehenswürdigkeiten gefunden und mich dann auch noch in die Oper eingeladen. „La Traviata“ kannte ich zwar schon, aber ich habe noch nie eine so schöne Inszenierung gesehen. Der gesamte Chor stand in historischen Kostümen auf der Bühne. Die San Francisco Opera hatte eine perfekte Welt des späten 19. Jahrhunderts auf die Bühne gebracht. Und obwohl diese Oper wirklich schon lange in dieser Fassung auf der Bühne steht hat man davon nichts gemerkt. Mir kam es vor als wäre es die Premiere und die Motivation noch sehr hoch!

San Francisco ist eine wunderschöne Stadt mit einer unfassbaren Vielfalt! Das habe ich in Minnesota das Jahr über vermisst. Minnesota ist ein sehr weißer, republikanisch geprägter Staat. Man sieht selten Afroamerikaner, Inder, Pakistani oder Mexikaner. Ich bin wirklich froh, dass ich am Anfang bei Events internationale Freunde gefunden habe. Ich hing am liebsten mit den pakistanischen Zwillingen ab, die ein wirklich leckeres Curry kochen und nebenbei eine angenehme Weltanschauung vertreten.

Im Museum über Martin Luther King jr. und das Civil Rights Movement

Als ich meine Schwester besucht habe, die jetzt in Kennesaw (Georgia) studiert, musste ich mich wirklich wieder daran gewöhnen andere Hautfarben zu sehen. Es ist verrückt, wie schnell man sich an ein bestimmtes Stadtbild gewöhnt. Zusammen mit meinen Schwestern habe ich einen kleinen, kurzen Roadtrip von Georgia durch Alabama nach Florida gemacht. Das war das Osterwochenende in diesem Jahr. Ich war so froh endlich wieder in einer Gegend zu sein in der es wärmer als 0°C war, in der kein Schnee lag und wo es grünes Gras gab.

Du musst wissen, dass ich den ersten Schnee letztes Jahr im Oktober hatte. Ab da an wurde es kontinuierlich kälter und ab November hatten wir permanent etwa dreißig Zentimeter Schnee. Neujahr habe ich gemeinsam mit meiner Schwester am zugefrorenen Gull Lake bei minus fünfunddreißig Grad verbracht. Ich glaube kälter wurde es nicht mehr. Der Schnee blieb bis Mitte April liegen und der Mississippi, der durch St. Cloud fließt, blieb bis dahin auch zugefroren. Bevor ich zu meiner Schwester nach Georgia geflogen bin, dachte ich noch, dass der Winter bis zu meiner Rückkehr nach Minnesota endlich vorbei sein würde.

Tatsächlich fiel in St. Cloud an Ostern nochmal Schnee (ca. 30cm) während ich im Golf von Mexiko stand und mir die Haut verbrannte. Ich glaube ich, habe in meinem Leben noch nie einen Sonnenbrand so gefeiert, dabei konnte ich gar nicht mehr auf dem Rücken liegen.

Ich hätte nie gedacht, dass ich dieses Essen mal vermissen würde

Solltest du mal in die Südstaaten kommen, dann fahr nach Fort Walton Beach, da kann man noch ein bisschen was über die Geschichte des Ortes herausfinden, was wie ich finde, leider sehr selten in den USA ist, weil Geschichtliches wenig aufgearbeitet wird. Fahr nach Andalusia, Alabama. Dort kann man sich viele alte Mansions von Plantagenbesitzern anschauen, aber leider auch allgemein sehen, was die Folgen von Sklaverei und Unterdrückung sind. In Atlanta, Georgia, sollte man auf jeden Fall in das Museum über Martin Luther King jr. und das Civil Rights Movement gehen. Was mich dort allerdings schockiert hat, war die Feststellung, dass dort eigentlich nur schwarze Besucher waren. Ich habe im letzten Jahr festgestellt, dass so viele Amerikaner so wenig über ihr eigenes Land und deren Vergangenheit wissen. Das ging mir am Ende so tierisch auf den Keks. Trotz dieser schönen Erlebnisse, wie nach San Francisco zu reisen und in Madison in ein tolles Theaterstück zu gehen, ging es mir am Schluss so auf die Nerven, dass man mit zu vielen Menschen nicht über Politik sprechen kann. Keiner konnte mir erklären, was mit den Native Americans in Minnesota passiert ist. Sie wussten einfach nichts darüber. Und trotzdem sind sie so stolz darauf Amerikaner zu sein. Wie kann man stolz auf ein Land sein, von dem man so wenig weiß?

Irgendwann habe ich mir schwer getan diese Mentalität zu verstehen, dass ein Volk einerseits so ignorant gegenüber anderen und gegenüber seiner eigenen Geschichte sein kann und zur gleichen Zeit sich für die einzig wahre Nation hält, die Europa vor dem zweiten Weltkrieg gerettet hat und auch immer noch denkt, was sie in Afghanistan machen wäre ein Träumchen. Ich könnte jetzt immer so weiter machen, aber ich wollte eigentlich keinen zynischen Brief schreiben.

An der Quelle des Mississippi im Itasca State Park, der im Norden von Minnesota liegt

Ich hatte ein echt gutes Jahr und ich habe in einem wunderbaren Staat gelebt. Das haben mir die letzten drei Wochen vor der Ausreise gezeigt. Gemeinsam mit meinen Eltern war ich im Norden von Minnesota unterwegs.

Minnesota ist flächentechnisch größer als Deutschland, es leben dort aber nur so viele Menschen, wie in Berlin. Die größte Stadt zählt dreihunderttausend Einwohner, besteht eigentlich aus zwei Städten und wird als Großstadt bezeichnet. Mein Gastbruder war entsetzt, als ich ihm sagt, dass Mineapolis/St. Paul eigentlich nicht so groß ist und immer noch überschaubar.

Mit meinen Eltern bin ich von See zu See gefahren, bin viel geschwommen und habe mir in der Regel diese wunderbaren Sonnenuntergänge von einem Paddelboot aus angeschaut. Ich habe mir den Lake Superior angeschaut, der so endlos ist, dass man meint am Meer zu stehen. Tatsächlich schippern auch Ozeantanker über diesen See, weil er so groß ist. Dort oben kann man stundenlang schnurgerade Straßen entlang fahren ohne, dass ein Haus in Sicht ist und vielleicht kommt mal ein Auto an einem vorbei. Dort mit dem Auto liegen zu bleiben wünsche ich wirklich keinem. Man kann dort gut zum Urlauben hinfahren, wenn man einfach abschalten möchte. Es gibt in Minnesota tatsächlich nicht so viel zu tun. Die meisten pflegen folgende Hobbies: Angeln, Jagen, Quilten.

Und trotzdem gab es für mich nach dem Jahr nichts schöneres, als genau das meinen Eltern zu zeigen. Während super viele der andern Teilnehmer einen Roadtrip an der Westküste gemacht haben und zum Abschluss noch ein paar Tage nach Boston geflogen sind (alle Insta-Stories sahen gleich aus) habe ich mir viele verschiedene Seen angeschaut, einen Leuchtturm (Split Rock Lighthouse) besucht und die Quelle vom Mississippi-River gefunden. Der Fluss fließt übrigens einfach aus einem See raus und dann auch erstmal nach Norden. Ich habe eine Woche lang das Sprichwort „Life is better at a lake“ gelebt und sehr genossen (übrigens sehr empfehlenswert!).

Life IS better at a lake! Keine Diskussion…

Gemeinsam mit einer Freundin bin ich das Jahr über am liebsten an einen See oder Fluss gefahren und habe vor mich hin gestarrt. Das klingt vielleicht komisch, aber es war schön einfach nur zusammen dazusitzen, dem Wasser zuzuhören und die Ruhe zu genießen.

Ich könnte vermutlich noch seitenweise so weiterschreiben und von Washington D.C., meinen tollen Theaterkursen, die ich im vergangenen Semester belegt hatte und meinem geliebten Auto berichten. Aber dann höre ich gar nicht mehr auf und brauche noch ein paar mehr Seiten. […]“

Von San Francisco habe ich schon letzten Herbst in meinem blog berichtet und kurz nach meinem Zwischenseminar in Washington D.C. beschrieb ich wie schön es war im Capitol zu sein und mir die Stadt anzuschauen.

Es gibt noch viel mehr über das ich berichten könnte, zum Beispiel von dem Urlaub bei meiner Schwester in Georgia, wo von ihr schon Bilder gesehen habt, oder den letzten drei Wochen meines Aufenthalts, in denen ich mit meinen Eltern den Norden von Minnesota erkundet habe.

Jetzt bin ich in Paderborn angekommen, habe mich eingerichtet und freue mich auf das was jetzt kommt, deswegen habe ich diesen Eintrag zu meinem letzten gemacht und mich entschieden, wenn ich schreibe über die Dinge zu schreiben, die mich gerade beschäftigen.

Durch das PPP habe ich viel erlebt und ich freue mich sehr über viele Erinnerungen, die ich im letzten Jahr gesammelt habe und auf die ich stolz bin.

Bye Bye,

Eure Clara

Different Country, Different Me?

Ich bin immer gerne Zug gefahren. Ich weiß, dass Viele in Deutschland auf die deutsche Bahn schimpfen von wegen Pünktlichkeit. Ich mochte es schon immer, mich in den Zug an ein Fenster zu setzten und einfach die Landschaft zu genießen oder ein Buch zu lesen. In alten ICs werde ich immer ein wenig nostalgisch, schiebe ein Fenster runter und halte mein Gesicht in den Fahrtwind.

Das alles hatte ich ein Jahr lang nicht. Zum Reisen in den USA habe ich entweder mein Auto, oder den Flieger genommen, aber leider nie einen Zug. Das war etwas, was ich während meines Austauschjahres sehr vermisst habe.

Mit meinen Schhwestern in Fort Walton Beach, Florida

Ich habe lange nicht mehr berichtet, wie es mir ging und mittlerweile bin ich auch schon wieder seit knapp zwei Monaten zuhause in Deutschland. Es lag einerseits daran, dass es in den letzten vier Monaten nicht viel Neues gab und andererseits, weil meine Gedanken in diesen Monaten sehr durcheinander waren und ich dieses Chaos erst einmal beseitigen wollte.

Bis Anfang Mai war bei mir alles okay. Ich konnte gut damit umgehen, dass man in Minnesota Gewehre und Pistolen im Supermarkt direkt neben den Spielwaren finden kann. Ich konnte darüber schmunzeln, dass die Leute in meinem Umfeld sagten, dass Politik ein privates Thema ist (was ich persönlich ganz anders sehe) und deswegen nicht darüber sprechen wollen. Und ich konnte es aushalten, alles mit dem Auto zu machen und nicht Fahrrad zu fahren oder zu laufen.

Dann wurde mir plötzlich alles zu viel. Um genau zu sein, hatte ich schon im April einiges über. Nachdem ich meine Schwester über Ostern im Süden der USA besucht hatte, fiel es mir sehr schwer, wieder in das immer noch verschneite Minnesota zurück zu fliegen. Es störte mich, dass man sich nur beim Vornamen nennt, auch wenn man sich gerade erst kennen gelernt hatte. Diese dadurch entstandene Nähe erschien mir oberflächlich. Es nervte mich, dass Telefonate nur mit „Hello?“ beantwortet wurden und ich einfach nicht wusste, mit wem ich sprach, oder ob ich mich verwählt hatte.

Ich begann Dinge in Frage zu stellen und wollte wieder diskutieren, mich besonders über Politik mit den Amerikanern austauschen. Ich stieß dabei aber leider oft auf taube Ohren, weil die meisten die ich kennengelernt habe, Politik als etwas Privates ansehen, was man nicht einmal mit Freunden und Verwandten bespricht.

Nachdem ich im Mai dann den Film „X-Ray“ angeschaut hatte, der die Zeit einer jungen Soldatin in Guantanamo Bay beschreibt, fing ich an, Dokumentationen über Guantanamo Bay, die amerikanischen Waffengesetze und Donald Trump zu schauen. Doch anstatt, dass diese mir Klarheit verschafft hätten, verwirrten sie mich eigentlich noch mehr. Mir erschienen die USA plötzlich so unfrei, wobei es sich doch um das Land handelt, in das so viele gekommen sind, um endlich Freiheit zu erfahren. Ich hatte plötzlich den Eindruck, dass dieses Land mit seiner Mentalität, wie ich sie kennengelernt habe, sehr einschränkt und eben nicht das Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist, in dem man „vom Tellerwäscher zum Multimillionär“ werden kann. Ganz im Gegenteil. Es klammert sich fest an seinen alten Vorstellungen von Freiheit.

Ich denke, das Bild zeigt am besten, wie sich viele Menschen Amerika vorstellen: Florida, sonnig warm und keine Sorgen, weil man ja frei ist

Ein junger Amerikaner hat mir mal versucht zu erklären, warum die Amerikaner sich so weigern, beziehungsweise schwer tun, die Waffengesetze zu verschärfen. Die Erklärung war mehr eine Geschichtsstunde zurück in die Zeit der Siedler, des Goldrausches und der Kämpfe gegen Indianer. Die Pistolen und Gewehre seien das einzige Symbol der Freiheit, das aus dieser Zeit übrig geblieben sei, und deswegen sei es sehr wichtig, das Recht eine Waffe zu besitzen zu erhalten.

Ich habe mich lange mit meiner Mutter über dieses Thema unterhalten und wir sind zu dem Schluss gekommen, dass in den USA, oder wenigstens in der Umgebung, in der ich gelebt habe, noch sehr an alten, vergangenen Werten festgehalten wird. Ich kann das nicht verstehen, wie ein Land auf einer Seite so fortschrittlich sein kann (z. Bsp. Im Silicon Valley) und zur gleichen Zeit aber so festgefahren.

Ich habe in dem vergangenen Jahr dadurch gelernt zu akzeptieren, dass mir vieles zweigeteilt erscheint. Für mich gab es oft nur schwarz oder weiß und selten Graustöne oder das ganze Farbspektrum. Angefangen bei der Politik: entweder Demokraten ODER Republikaner, aber eine Partei, die von beidem ein bisschen vertritt oder mal was ganz Neues an den Start bringen würde, gibt es nicht. Krankenversicherung oder halt keine, weil das Geld oft nicht reicht. Studium oder kein Studium, Ausbildungsmöglichkeiten wie bei uns gibt es ja nicht.

Das erste dreiviertel Jahr war einfach alles aufregend. Jeden Tag gab es etwas Neues zu entdecken und stressige Situationen konnte ich einfach ausblenden, weil mir Reisen nach San Francisco, Washington D.C. und Atlanta bevorstanden. Ich würde die ersten neun Monate als Honeymoon-Zeit beschreiben: Alles neu, alles ungewohnt und einfach anders. Mit der Praktikumsphase hat sich der Alltag eingeschlichen. Der Tagesablauf im Hotel war immer der gleiche und auch wenn bei „stitch it!“ jeden Tag neue Kunden in den Laden kamen, ähnelte jeder Tag dem anderen. Rückblickend haben sich noch nicht einmal die Gespräche verändert.

Mit meinen Eltern auf dem Campus der Saint Cloud State University, an der ich ein Semester studiert habe

Am vergangenen Wochenende hat mein Abschlussseminar in Köln stattgefunden und ich hatte endlich Zeit mich mit anderen Teilnehmern auszutauschen, Geschichten zu erzählen und nochmal über das ganze Jahr nachzudenken. Wir haben viel über unsere Erfahrungen mit den Amerikanern dort gesprochen, was unsere Schwierigkeiten im vergangenen Jahr waren, aber auch wie diese uns geprägt und weitergebracht haben.

Unter anderem haben wir über diese Dinge gesprochen, indem wir ein typisch amerikanisches Sprichwort ins Zentrum der Diskussion gestellt haben: Zum Beispiel: „Take it easy“, „Just do it!“ und „Life is what you make of it“. Natürlich stehen diese Sprichwörter für die Leichtigkeit und Risikobereitschaft der Amerikaner, schnell wurde uns allen aber klar, dass das eine sehr oberflächliche und in unseren Augen wenig reflektierte Lebensweise ist.

In dieser Gesprächsrunde sind wir zu dem Schluss gekommen, und das passt auch zu meinem Gefühl, trotz dieser „Freiheit“ so eingeengt zu sein. Denn unter dieser  Lockerheit liegt eine Strenge, die kein Fehlverhalten zulässt. Eine Teilnehmerin erzählte davon, dass an ihrem Arbeitsplatz Strafpunkte vergeben wurden, wenn man nur eine Minute zu spät zur Arbeit kam, oder wenn man krank war (trotz Krankschreibung!). Nach sieben angesammelten Punkten wird man gefeuert. Strenge wird auch bei dem Thema Sexualität gezeigt. Meine Gastfamilie hatte mir verboten, männliche Übernachtungsgäste in meinem Zimmer zu haben. Ein anderer Teilnehmer erzählte, dass er bei Damenbesuch seine Zimmertür offen lassen musste, weil sich seine Gastmutter sonst unwohl fühlte. Es gab noch einige weitere Geschichten, wie diese.

Nach dem letzten Wochenende habe ich einmal mehr festgestellt, wie wohl ich mich in Deutschland fühle und wie gut ich mit unseren Gepflogenheiten zurechtkomme. Ich genieße es im Moment, gesiezt zu werden und andere Menschen zu siezen. Ich mag es, wenn ich in einem Laden oder einer Bankfiliale mit meinem Nachnamen angesprochen werde. Da bleibt man bei etwas Offiziellem auf einer sachlichen Ebene, auf der trotzdem ein freundliches Verhältnis gepflegt wird. In den USA wurde mir oft eine Nähe vorgegaukelt, die es so eigentlich nicht gab.

Währen des Seminars haben wir eine Gedankenreise gemacht. Wir haben Momente auf unsere innere Leinwand projiziert, an die wir alle nicht mehr so oft gedacht haben: Von der Ausreise und den ersten Tagen in New York City, dem Ankommen im Platzierungsort, in der Gastfamilie und am College, Thanksgiving, Weihnachten und Silvester, der Jobsuche und dem Arbeitsbeginn bis hin zu unserem Abschlussseminar in New York City und der Ausreise. Ich habe viele schöne Bilder in meinem USA Film gehabt, die ich nicht vergessen werde. Ich habe meine Freunde gesehen, die mir bleiben werden, weil ich mit ihnen wunderbare Erinnerungen teile und vielleicht mit ihnen noch mehr davon machen werde.

Mit Regina (die ein Jahr lang in Appleton, Wisconsin war) nach einer „Chicago“-Vorstellung am Broadway, NYC

Zum Abschluss des Seminars gab es eine kleine Zeremonie, in der uns Urkunden überreicht wurden. Zu jedem Teilnehmer sagte Theo Fuß (Mitarbeiter der GIZ und zuständig für das PPP) etwas. Als ich aufgerufen wurde, sagte er, dass ich Minnesota lieben gelernt und daher lieber meinen Staat bereist habe, als woanders hinzufahren. Und es stimmt: Minnesota ist bezaubernd schön und ich kann jedem nur empfehlen dort Urlaub zu machen besonders „Up North“, also im Norden.

Ich habe einiges aus diesem Jahr mitgenommen: Freunde, schöne Landschaften, wertvolle Erfahrungen. Ich habe mich selbst noch besser kennengelernt und dadurch auch festgestellt, dass ich großes Glück habe, in Deutschland leben und arbeiten zu dürfen. Wir haben eine Vielfalt hier, die wir pflegen sollten, und gerade jetzt, wo die AFD groß wird, gegen Migranten gehetzt wird und sich die deutsche Bevölkerung zu spalten scheint, sollten wir uns erneut vor Augen führen, was dieses Land seit dem zweiten Weltkrieg alles geschafft hat, was es aufgearbeitet und aufgebaut hat. Wir müssen die Vorzüge, die Deutschland bietet (ich meine Dinge wie Krankenversicherungen, Arbeitsverträge, Arbeitslosengeld etc.) wieder schätzen lernen, anstatt sie wegen kleiner Schwäche tot zu diskutieren. Wir haben sie und die Amerikaner haben sie nicht! Wir haben dadurch, wie ich finde, ein bisschen mehr Lebensqualität, da unser Leben in dieser Hinsicht gesicherter ist als das Leben vieler US-Amerikaner.

In den letzten Wochen bin viel unterwegs gewesen und habe viel erledigt. In Zügen habe ich immer Zeit, nachzudenken und den Gedanken nachzuhängen. Ich kann abschalten und rekapitulieren. Ich bin froh wieder in Deutschland zu sein, bin mir aber sicher, dass ich aus dem Jahr in den USA viel mitgenommen habe. Es war nicht das Jahr meines Lebens und trotzdem war es ein Jahr, das mir viel mit auf den Lebensweg gegeben hat. Ein Jahr, von dem ich noch lange zehren werde:
Die Jobsuche in den USA hat mich vorbereitet auf die Jobsuche in Deutschland, weil es härter war als hier. Die Arbeit bei „stitch it!“ hat mir gezeigt, dass ich am Theater richtig aufgehoben bin. Die Mentalität, die ich dort kennengelernt habe, hat mich mehr für andere Kulturen geöffnet, besonders aber für meine eigene.

Minnesota, Minnesota (im Itasca State Park wo die Quelle des Mississippi liegt)

Für mich geht es jetzt in Paderborn weiter. Ich werde dort in der Schneiderei des Theaters arbeiten und wieder genau das tun, was ich in meiner Ausbildung gelernt und geliebt habe. Ich wer das letzte Jahr mitnehmen und meine Erfahrungen teilen!

See you soon
Eure Clara

 

Klugherz Höschen Mecklenburg

Es gibt die unterschiedlichsten Menschen und Namen dazu und seitdem ich hier in St. Cloud arbeite lerne ich viele davon für einen kurzen Moment kennen. Es ist immer angenehm mit Kunden ein wenig Smalltalk zu machen und weil die Region um St. Cloud etwas deutsch geprägt ist finde ich auch meistens schnell einen Aufhänger. Viele Deutsche Auswanderer sind unter anderem in Minnesota gestrandet, dadurch sehe ich während der Arbeit viele deutsche Nachnamen.

Der Laden in dem ich arbeite

Mir macht es immer Spaß die Kunden zu fragen, wie sie ihren Nachnamen aussprechen. In der Regel fangen die meisten an zu lächeln, nennen mir ihren Namen und fügen dann hinzu, dass es eigentlich ein deutscher Name sei, der an das englische angepasst wurde und dass die Oma ihn noch anders ausgesprochen hat.

Mit den Münzen der amerikanischen Währung habe ich nach wie vor noch meine Probleme. Hier gibt es die riesengroße fünfundzwanzig-Cent-Münze, eine zehn-Cent-Münze, die kleiner ist als die fünf-Cent-Münze und einen ein-Dollar-Schein. Ich entschuldigte mich also neulich bei einer Kundin, als ich etwas länger brauchte um das Wechselgeld herauszusuchen. Offenbar erinnerte sie sich, dass ich die deutsche Mitarbeiterin bin und erzählte mir, dass sie das mit den Münzen verstehe. Sie selbst war neulich erst in Italien und ganz aufgeschmissen mit unserem Euro, auch wenn diese Münzen mehr Sinn machen würden.

Diese Unterhaltung hatte eine andere Kundin mitbekommen und erzählte mir sogleich, dass ihre Mutter 1952 aus Deutschland in die USA gekommen ist. Ihr Vater kam ursprünglich aus der Ukraine, musste aber nach dem zweiten Weltkrieg nach Deutschland fliehen, wo er ihre Mutter kennenlernte. Wir kamen durch ihren Namen auf den ihres Bruders und auf meinen Namen zu sprechen, besonders auf meinen Nachnamen (der hier erschreckend wenigen etwas sagt): Merkel.

Als die Kundin das hörte erklärte sie mir, wie unverantwortlich es sei, seine Ländergrenzen nicht zu verteidigen, jeden einfach aufzunehmen und dann noch nicht einmal zu kontrollieren wer das eigentlich sei. Sie hätte ja bei den letzten Wahlen Trump gewählt, ich solle sie jetzt aber nicht falsch verstehen: Sie mag ihren mexikanischen Schwiegersohn sehr, aber der ist auch auf dem richtigen Weg in die Staaten gekommen und lebt nicht seine Kultur aus, sondern passt sich an.

Ich hätte gerne mit ihr diskutiert, weil es für mich nach einem Widerspruch in sich klang, aber ich habe hier in den USA schnell gelernt, dass man mit solchen Menschen nicht diskutiert und ich hatte genug Arbeit auf der Kleiderstange hängen, die nur darauf wartete erledigt zu werden. Für mich war es eine interessante Erfahrung, gerade weil ich immer noch überrascht bin, wenn Gespräche diese Wendung nehmen.

Auch mein Akzent lässt viele nachfragen, woher ich komme. Am Anfang habe ich auf diese Frage immer direkt mit: „Aus Deutschland!“ geantwortet. Oft wurde daraufhin mit einem überlegenen: „Achja, dass hätte ich gleich sagen können!!“ reagiert. (Warum wurde ich dann nochmal nach meiner Herkunft gefragt?) Mittlerweile antworte ich immer mit der Gegenfrage, was sie denn denken. Laut einiger Kunden komme ich aus England oder Australien. Eine Kundin, die mit ihrem erwachsenen Sohn bei uns im Laden war, tippte auf Israel. An die beiden erinnere ich mich noch gut, weil sich ein angenehmes Gespräch entwickelte. Ich erwähnte also, dass ich aus Deutschland komme, als ihr Sohn auch schon anfing mit mir auf Deutsch zu sprechen. Es stellte sich heraus, dass er über ein Programm, während des Studiums ein Praktikum im deutschen Bundestag gemacht hat und im Rahmen dessen Deutsch gelernt hat. Sogar mein Programm, das PPP, war ihm ein Begriff. Besonders angenehm blieb mir in Erinnerung, dass er mich während des ganzen Gesprächs mit dem SIE ansprach und nicht nach meinem Vor- sondern Nachnamen fragte, den er dann auch verwendete um sich mit mir zu unterhalten. Etwas sehr außergewöhnliches hier in den USA.

Eine andere Begegnung habe ich auch noch sehr gut im Kopf, weil sie natürlich mit Deutschland, um genau zu sein mit dem Mauerfall zu tun hat. (Für mich als kleiner Geschichtsfan ein besonderer Moment, weil seit langem Geschichte wieder lebendig wurde.)

Der Kunde brachte seine Uniform zu uns um ein neues Abzeichen aufnähen zu lassen. Aus Neugierde fragte ich nach wozu er gehöre: Army, Marines oder Air Force und ein Gespräch entspann sich. Er erzählte mir, dass er Ender der 80er in Deutschland stationiert war. Genau an dem Tag an dem die Mauer fiel, war er allerdings mit ein paar anderen Amerikanern in Ostberlin. Als die Neuigkeiten bei ihnen ankamen, versuchten sie so schnell wie möglich zurück zum Checkpoint Charlie zu kommen. Sie waren nicht sicher, was genau los war und ob sie noch in den Westen gelassen würden, oder nicht.

Ich bekomme bei meiner Arbeit also die ein oder andere Geschichte zu hören, sowie witzige Versionen von den Namen KLUGHERZ, HÖSCHEN, ZWILLING und MECKLENBURG. Auch wenn es manchmal komisch ist, weil jemand einfach seine Meinung raushaut und los redet, weil er einfach mal wieder jemandem zum Reden braucht, in der Regel freue ich mich über die Offenheit zum Smalltalken, die mir hier entgegengebracht wird und die ich in Deutschland manchmal vermisst habe.
Und es macht das Arbeiten um so viel angenehmer.

See you soon,
Eure Clara

Verspätete Ostergrüße aus Florida

Washington D.C.

Letztes Jahr im Juni hatte ich die Chance das Abgeordneten-Büro von CDU’ler Thomas Viesehon zu besuchen. Dieser war, bis zu den vergangenen Bundestagswahlen, mein Pate des parlamentarischen Patenschafts Programm (PPP). Dieser Besuch im Bundestag hat mir gute Einblicke hinter die Kulissen unseres Parlaments und in den Alltag eines Politikers gegeben. Anfang März hatte ich erneut die Chance das Büro eines Politikers zu besuchen. Nur diesmal in Washington D.C. und von dem Republikaner Tom Emmer, der den Distrikt vertritt in dem ich gerade lebe: St. Cloud, MN.

Im deutschen Bundestag Juni 2017

Im Rahmen meines Austauschprogrammes fand Anfang des Monats das Zwischenseminar in D.C. statt. Nach genau sieben Monaten kamen wir Teilnehmer alle wieder zusammen. Einige der anderen Teilnehmer hatte sich in den letzten Monaten schon wiedergesehen, um zusammen zu reisen, um Silvester zu feiern oder einfach, weil sie in der Nähe von einander leben. Für mich war es hingegen das erste Mal seit dem Einführungsseminar in New York City, dass ich die meisten wiedergesehen habe. Genau drei andere Teilnehmer hatte ich während der letzten Monate zu Gesicht bekommen und ansonsten auch wenig Kontakt gehalten. Dieses Seminar hat mich aus meiner kleinen neuen Welt, die ich mir in St. Cloud eingerichtet habe, ein wenig herausgerissen. (Mittlerweile bin ich dort aber wieder sehr gut angekommen.)

In Tom Emmers Büro

Auf dem Programm standen einige Reden zum Beispiel über die Bedeutung des Ehrenamts hier in den USA, Meinungsfreiheit und wie die amerikanische Regierung aufgebaut ist, sowie ein Besuch im State Department und dem Capitol. Neben diesem offiziellen Programm stand aber auch eine Trolley Tour am ersten und ein Basketballspiel am dritten Abend an. Durch die Tour hatten wir die Möglichkeit viele der unzähligen Monumente und Denkmäler zu sehen (unter anderem auch das Weiße Haus). Zudem haben wir uns das Newseum angeschaut in dem man in das Amerika des letzten Jahrhunderts bis heute eintauchen kann und sich dementsprechend Nachrichtenbeiträge aus der Zeit aber auch Dinge wie Überreste der Twin Towers anschauen kann. Besonders stolz wurde uns von Mitarbeitern dort erklärt, dass sie auch einen Teil der originalen Berliner Mauer im Museum haben.

Washington D.C. ist eine sehr schöne Stadt und reich an Geschichte, also in vielerlei Hinsicht das Gegenteil der meisten amerikanischen Städte. Tatsächlich hat sie mich an einige deutsche Städte erinnert, wie Leipzig und Dresden. Die Stadt erschien mir sehr offen und weitläufig, was ich nach dem Einführungsseminar in New York City wirklich sehr genossen habe. Es gibt dort keine Türme, keine Skyscraper wie in New York. Es gibt wenig schattige Straßen und die meisten sind breit und gut überschaubar. Ich hatte zwischendurch immer mal wieder das Gefühl in einer europäischen Stadt unterwegs zu sein. Vielleicht kam dieses Gefühl auch dadurch zustande, dass von unserem Hostel aus das meiste zu Fuß zu erreichen war und wir ansonsten das U-Bahn-Netz genutzt haben, was in Washington D.C. gut ausgebaut ist. Ehrlich gesagt habe dort gemerkt, wie sehr ich es vermisse ohne Auto flexibel sein zu können.

Mit Elizabeth Latham (Bureau of Education and Cultural Affairs)

Ein besonderer Tag für mich, der an dem wir das State Department besucht haben. Das „Bureau of Education and Cultural Affairs“ des U.S. Department of State ist dafür verantwortlich, dass es unser Programm gibt. Sie sorgen dafür, dass der Congress darüber Bescheid weiß, die Gelder für die Stipendien genehmigt und natürlich vieles mehr. Diese Abteilung ist für insgesamt ca. 150 Austauschprogramme zwischen den USA und der Welt zuständig. Wir wurden eingeladen uns mit der ehemaligen Leiterin dieser Abteilung zu unterhalten, sowie mit einem Mitglied der deutschen Botschaft. Außerdem war das der Tag an dem wir unseren amerikanischen Patenabgeordnenten kennenlernen sollten. Es ist schon ein gutes Gefühl, wenn man mit einer Gruppe gut angezogener Leute in diesem großen Sitzungssaal ist und mit Fachleuten über Politik spricht. In diesen Momenten bin ich wirklich stolz, dass ich eine Teilnehmerin des 34. PPP bin. Noch mehr habe ich mich aber über die Auszeichnung als „Participant of the Month, Marth 2018“ gefreut. Jeden Monat wählt das State Department einen Teilnehmer aus all ihren Programmen aus. Für den Monat März wurde zum ersten Mal auch Cultural Vistas gebeten einen Teilnehmer meines Programmes auszuzeichnen und ihre Wahl fiel auf mich. Schon allein, dass meine Organisation der Meinung war, dass ich die Programmziele gut verfolge hat mich gefreut, dass aber auch die zuständige Abteilung des State Department dieser Meinung ist, gibt mir schon ein gutes Gefühl. (Den Artikel von State Department dazu gibt es hier: http://www.usagermanyscholarship.org/news-and-events/article/?article_id=10088)

Capitol Hill

Zum Abschluss besuchte ich dann das Büro von Tom Emmer. Leider habe ich ihn nicht persönlich kennen lernen können, da er spontan zu einer Abstimmung gerufen wurde. Trotzdem nahm sich einer seiner Mitarbeiter Zeit mich kennenzulernen und so unterhielten wir uns etwa zwanzig Minuten über das Wetter in Minnesota, Eishockey und die Unterschiede zwischen der deutschen und amerikanischen Regierung. Für mich persönlich war es ein wirklich gelungener Abschluss.

Obwohl es wirklich entspannend war einige Tage nicht zu arbeiten und keinen Schnee zu sehen, war ich wirklich glücklich wieder in Minnesota zu landen und mich auf den Weg nach St. Cloud zu machen, merke ich doch immer mehr, wie wohl ich mich hier fühle.

Das Zertifikat